Predigt von Richard Baus zum 6. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A

Mt 5,20-22.27-28.33-34a.37.23f
  

Liebe Schwestern und Brüder,

„Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und der Pharisäer, werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.“

Das ist ein hartes Wort, das der Herr da spricht. Denn die Gerechtigkeit der Pharisäer und Schriftgelehrten war schon sprichwörtlich. Geradezu „gnadenlos“ gerecht konnten sie sein. Da wurde kein Buchstabe des Gesetzes übersehen. 
Jedes Jota wurde erfüllt - und nichts blieb ungestraft, was gegen das Gesetz ging.

Was will Jesus denn jetzt noch „mehr“? Will er es jetzt noch strenger? Noch enger?
Nun, wer Jesus kennt, der weiß: Sicher will er das nicht. Nicht noch „enger“, nicht noch „strenger“. 
Nein, er spricht ja von einer „größeren“ Gerechtigkeit. 

Denn Jesus weiß: Wo es streng wird, da wird es auch eng; da ist am Ende wenig Raum, wenig Platz für anderes. 
Aber wo etwas „groß“ ist, da ist Raum, Raum zum Leben – und Raum für die Liebe – und Vergebung.

   
Liebe Schwestern und Brüder,

was die Gesetzesauffassung der Pharisäer und Schriftgelehrten für Jesus so schwierig macht, das ist ihre „Fall-Gerechtigkeit“.
Wenn dies und jenes „der Fall“ ist, dann muss das Gesetz angewandt werden – aber auch erst dann.
Erst wenn jemand umgebracht wurde, wenn er tot daliegt, dann ist es eine Sünde und muss bestraft werden.
Erst wenn zwei im Bett liegen, die da nicht hingehören, dann ist es ein Ehebruch.
Erst wenn jemand wirklich belogen wurde, dann ist es eine Sünde. 

Aber Jesus sagt: Nein, das alles fängt schon viel früher an: 
Ein Mord beginnt unter Umständen schon dann, wenn ich böse Gedanken gegen einen Menschen im Herzen habe; wenn ich Hass und Neid in mir zulasse. Wenn ich zornig bin auf einen Bruder oder eine Schwester.

Ein Ehebruch findet nicht erst im Bett statt, sondern schon viel früher, schon in den Gedanken, in den Wünschen, das beginnt schon im Kopf.

Und der Meineid ist nicht erst dann erst ein Problem, wenn ich falsch schwöre, sondern wenn ich mir schon vorher überlegen, wie ich da was tricksen und drehen will, um einen anderen über den Tisch zu ziehen.

Nicht erst, wenn es passiert ist, ist es Sünde, sondern das fängt schon früher an.
Und genau darauf will Jesus den Blick lenken: Auf dieses „früher“, auf den Anfang.

Denn wenn ich etwas früh bemerke, dann kann ich noch was ändern. Wenn ich früh aufmerksam werde auf Dinge, die sich da anbahnen, dann kann ich noch gegensteuern.

Wenn ich wirklich ehrlich bin zu mir selbst und wenn ich achtsam mit mir selbst umgehe,  dann weiß ich um mich - und dann kann ich noch umkehren - und dann kann es noch mal gut werden.

   
Liebe Schwestern und Brüder,

Jesus malt das weiter aus - mit jener schönen Geschichte vom Opfergang. „Wenn du deine Gabe zum Altar bringst und dir dabei einfällt, dass dein Bruder, deine Schwester etwas gegen dich hat, dann lass alles stehen und liegen und versöhne dich zuerst. Und dann komm und opfere deine Gabe.“

So wie Jesus das schildert, ist da Raum für Vergebung: Wo einer früh genug merkt, was los ist bei einem selbst und was man damit bei einem Bruder oder einer Schwester anrichten kann, dann kann man doch noch was tun, noch was verhindern - und dann ist immer noch Platz für einen neuen Anfang.
Und deshalb ist es wichtig, so sensibel im Inneren zu sein – für die Anfänge – für das, was sich noch verändern lässt.

Nun, ich vermute einmal, dass Jesus so realistisch war, dass er wusste, dass die Menschen damals - und auch wir heute - das nicht eins zu eins einfach umsetzen können. Wir sündigen. 
7x am Tag, wie es in der Schrift heißt.

Und deshalb spricht Jesus von Versöhnung. Ja, er bietet uns Versöhnung an. Seine Versöhnung.
Selbst dann, wenn wir immer und immer wieder in Schuld geraten, ob in Gedanken oder in Werken – auch dann schreibt er uns nicht ab, sondern auch dann dürfen wir bei ihm noch einmal einen neuen Anfang machen.

Dann dürfen wir immer noch mal wiederkommen mit unseren Gaben, das heißt wir dürfen wieder neu hintreten zum Altar.
Denn ohne seine Vergebung kämen wir sicher nie dazu, die Eucharistie zu feiern, weil wir ja bestimmt irgendwo schon wieder mal in Gedanken irgendein Unheil angezettelt haben.

Aber er macht es möglich, indem er uns die Vergebung schenkt.

Und so wie Jesus das mit uns macht, so sollen wir es mit unseren Mitmenschen machen: Vergeben.

   
Liebe Schwestern und Brüder,

ich denke, damit zeigt Jesus nicht nur eine Möglichkeit auf, wie einzelne Menschen miteinander umgehen sollen, sondern er zeigt auch ein Modell auf, wie Kirche sein kann, wie seine Kirche sein soll.

Seine Kirche darf sicher keine Kirche sein, die immer gleich Türen zuschlägt und vom Altar wegschickt, weil es ja irgendwo ein Gesetz gibt, das das fordert;
sondern es soll eine Kirche sein, die ihre Türen offenhält, für alle, auch für die „Schwachen“, und sogar für die „Sünder“ – weil sie weiß, dass es neben all den Gesetzen, so wichtig sie auch sein mögen,  doch auch immer noch, und vor allem, einen Gott gibt

diesen Gott der Liebe mit seiner großen Barmherzigkeit - der in Christus in unserer Welt erschienen ist.

Ein Gott, der größer ist als das Gesetz, 
weil er ein Gott der Vergebung und der neuen Anfänge ist.

Ein Gott für uns Menschen – zu unserem Heil.

 
Amen

 

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