Predigt von Richard Baus zum 7. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A

Mt 5, 38-48          

   
„Aug´ um Auge, Zahn um Zahn“

 
Liebe Schwestern und Brüder,

dieses Vergeltungsdenken ist für uns landläufig wohl der Inbegriff des alttestamentlichen Denkens. Da klingt für uns irgendwie die Erlaubnis mit: Also nur feste drauf!
Eben „Wie Du mir, so ich Dir“.

Dabei war für die damalige Zeit ein solches Rechtsdenken ein unerhörter Fortschritt. Denn es bot der Wut und der Lust auf Rache schon eine sehr deutliche Grenze:
Wenn mir einer einen Zahn ausgeschlagen hast, dann darf ich in meiner Wut darüber nicht hingehen und meinem Gegner das ganze Gebiss einschlagen, sondern auch nur einen Zahn.

Mehr war nicht erlaubt. Mehr wäre Un-Recht gewesen.

Nein, ich darf dem anderen nur so viel wegnehmen, wie er mir weggenommen hat. Mehr nicht.
Wie gesagt, ein sehr fortschrittliches Denken damals.

Aber dann kommt Jesus, und setzt da noch eins drauf:
Nicht nur nicht zurückschlagen, sondern auch noch die andere Wange hinhalten.
Mir nicht nur das Hemd wegnehmen lassen, sondern auch gleich noch meinen Mantel dazugeben, das letzte sozusagen, was einem bleibt. Und wenn mich einer zwingt, eine Meile mitzugehen, dann freiwillig gleich zwei Meilen mitgehen....

Und man mag fragen: Ist das wirklich ernstgemeint? Zieht man da nicht am Ende den Kürzeren? Und wird man da nicht zur Lachnummer?

 
Liebe Schwestern und Brüder,

das mag vielleicht so klingen, als wäre das was für Schwächlinge, die sich nicht wehren können; aber das ist es sicher überhaupt nicht. Denn so zu reagieren, wie Jesus es vorschlägt, verlangt schon eine sehr hohe soziale Kompetenz:

Eben nicht im alten Feind-Schema stecken zu bleiben und mit gleicher Münze zurückzuzahlen, sondern etwas Neues zu wagen.

Eben anders zu reagieren, als ein Feind es erwartet hätte.                      

Den anderen, den Gegner also, mit meiner Reaktion und meinem Verhalten so zu überraschen, dass er vielleicht doch ins Nachdenken kommt – und genau damit einen Streit oder die Gewalt zu unterbrechen. Also anders zu handeln, als es bis dahin vorprogrammiert gewesen ist - und eine neue  Art des Umganges zu wagen

Ich sage bewusst „wagen“, denn es ist ein Wagnis. Es kann ja auch schief gehen. Es kann ja sein, dass ich dann auch noch auf die andere Wange geschlagen werde.

Aber die Chance, dass die Gewalt aufhört, ist dann größer, wenn ich eben nicht zurückschlage, wenn ich nicht so weitermache, wie der andere angefangen hat, sondern wenn ich dem ein anderes Handeln entgegenstelle:  

Eben nicht heimzahlen, sondern aufhören;
nicht weitermachen wie der andere angefangen hat, sondern ihn ins Leere laufen lassen-  und damit ein Signal zu setzen.

Das Signal: Ich mache bei Deinem Streit nicht mit. Ich lasse mich von Dir nicht zum Feind machen. Ich habe kein Interesse an einer Auseinandersetzung mit dir, sondern ich will Frieden - und ich mache den ersten Schritt darauf hin!
Ein neues Verhalten - mitten in einem Streit, mitten in einer Auseinandersetzung.

Jesus nennt das: Die Feinde lieben.

Feinde lieben. Ist das nicht auch wieder „typisch Jesus“ – und damit von vornherein eine Überforderung? Freunde kann man lieben, aber doch keine Feinde?

Nun, seien wir vorsichtig mit dem, was wir so unter dem Begriff LIEBE in unseren Köpfen abgespeichert haben. Jesus erwartet sicher nicht, dass man auf einmal die Menschen, die einem Böses wollen, in den Arm nehmen kann, so als wäre nichts gewesen. Er erwartet da auch kein unehrliches „Getue“.
Aber er erwartet wohl, dass wir aussteigen aus diesem „Wie du mir, so ich Dir“ - und in eine neue Beziehung zu einem Menschen treten: Dem Feind nicht auch wie ein Feind gegenüber zu treten, sondern wie einer, der Frieden will.  

Und das geht dann wirklich nicht mit frommem Getue, sondern das ist echte Arbeit: Da muss ich an mir arbeiten, damit ich selbst mal herauskomme aus den alten Gleisen, die ich in meinem Kopf habe, und anfangen kann, neu zu denken.
Ich muss daran arbeiten, das, was den Frieden möglich macht, nicht immer erst mal von den anderen zu erwarten, sondern selbst den ersten Schritt zu tun.
Und dazu muss ich wohl erst einmal selbst friedfertig sein. Friedfertig und vergebungsbereit.

Und das ist schwer.  Das bedarf vieler Anstrengungen und das ist sicher nichts für Dumme. Ein solches Verhalten muss ich lernen; und da brauche ich soziale Kompetenz, da brauche ich Verstand und Mut.
Warum aber so viel Kraftaufwand? Warum so viel lernen und so viel an mir verändern?

Nun, Jesus erklärt es: Ich soll das alles lernen und auf mich nehmen, weil Gott das ja auch mit mir so macht;
Gott straft mich eben nicht, wenn ich gesündigt habe, sondern er liebt mich auch dann immer noch;
er lässt seine Sonne auch dann immer noch über mir aufgehen, auch wenn ich es vielleicht gar nicht verdient hätte. Und er lässt „die Bösen“ ebenso wenig verhungern und verdursten wie „die Guten“.
Weil er nicht meinen Tod will, sondern dass ich lebe. 

Ich soll leben – aber all die anderen auch.

  
Anders leben, liebe Schwestern und Brüder, – nämlich leben wie Gott.
Nicht mehr: „Wie du mir, so ich dir“, 
sondern „wie Gott mir, so ich dir“ – um den Teufelskreis des Bösen zu unterbrechen und dem Frieden eine Chance zu geben.

Und das geht nur dann, wenn ich das lerne: 

Wenn ich lerne anders zu denken als bisher, 
anders zu reagieren als bisher; 
und vielleicht auch anders zu beten.

eben neu - so überraschend neu, dass aus Feinden Freunde werden können.

  
Amen

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