Predigt von Richard Baus zum 2. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B

Joh 1,35-42

   
Liebe Schwestern und Brüder,

der Abschnitt aus dem Johannes-Evangelium hat uns vom Beginn des öffentlichen Wirkens Jesu berichtet. Johannes der Täufer macht seine Jünger auf diesen Jesus aufmerksam: „Seht, das Lamm Gottes“, so bezeichnet Johannes Jesus - und diese Johannes-Jünger nehmen Kontakt mit Jesus auf. Sie wollen ihn näher kennenlernen.

Als Jesus sie bemerkt, fragt er sie, was sie denn wollen.
„Rabbi, wo wohnst du?“, so antworten sie etwas hilflos. Aber dann kommt diese wunderschöne Einladung des Herrn: „Kommt und seht“. Und als sie am Abend wieder von ihm weggehen, da sind aus Johannes-Jüngern Jesus-Jünger geworden.
„Wir haben den Messias gefunden“, so können sie sagen. Wir haben den gefunden, der von Gott in die Welt gekommen ist, um der Welt das Heil zu bringen.

Was genau an diesem Tag geschehen ist, das wissen wir nicht.
Aber wir können sicher davon ausgehen, dass Jesus ihnen nicht die Wohnungseinrichtung gezeigt hat, nicht das „Wo“ er lebt, sondern das „Wie“ er lebt: Was ihn umtreibt; wie und was er glaubt; wie er mit den Menschen umgeht, die mit ihm zusammentreffen - und ob seine Worte, das, was er predigt, auch mit dem übereinstimmt, was er tut…. Seine Glaubwürdigkeit.
Und anscheinend ist er glaubwürdig. Denn sie rufen auch gleich den Simon dazu, damit auch er den Messias kennenlernt.
  

Liebe Schwestern und Brüder,

eine spannende Stelle im Evangelium: Jesus wird missionarisch tätig. Er beruft Menschen. Ein wichtiger Punkt auch im Leben der Kirche, die sich da gerade anbahnt: Die Weitergabe des Glaubens. Eine Kirche, die wachsen soll.

Ein Thema, das uns gerade heute wieder so beschäftigt, weil Kirche anscheinend immer kleiner wird. Zumindest hier in Deutschland werden wir immer weniger – und das nicht nur wegen der Corona-Pandemie.
Was ist zu tun? Wie kann Mission, wie kann Weitergabe des Glaubens heute aussehen?

Brauchen wir mehr fromme Bücher? Bessere Theologen? Müssen wir die Kinder besser in der Schule unterrichten? Oder muss die Kirche wieder mehr Druck machen und die Anforderungen höher schrauben?
Kann ja sein, dass das das eine oder andere am Ende was hilft.
Was mir aber wichtiger als Bücher und zweimal wichtiger als höhere Anforderungen zu sein scheint, das sind Menschen. Menschen, die wie dieser Jesus ganz einfach einladend sind – und die anderen sagen können: Kommt und seht!

Menschen, die andere mitgehen lassen auf den eigenen Wegen. Die einen anderen teilhaben lassen an der Art und Weise wie sie in ihrem Alltag, wie sie mit ihren Problemen, mit ihren Begrenztheiten und Fehlern, mit ihren Mitmenschen und mit ihrem Gott umgehen.
Das gelebte Zeugnis nicht nur am Sonntagmorgen in der Kirche – sondern vor allem im ganz normalen Alltag draußen – vor der Kirchentür.

   
Liebe Schwestern und Brüder,

der Glaube kommt nämlich nicht aus Büchern, sondern der kommt immer auf zwei Beinen daher: Durch Menschen, die mich einladen „Komm und sieh!“, schau mal, wie ich es mache -
und die dann aber gewiss nicht tun, als wären sie besser als die anderen, sondern die aufrichtig sind.
Die sich nicht schämen, wenn ihr Glaube auch mal schwach ist,
die eingestehen können, dass auch sie nicht die „perfekten“ Christen sind, sondern mit der Kirche und mit ihrem eigenen Leben auch so ihre Probleme haben;
Menschen, die sich nicht verstecken, wenn ihre Caritas und Nächstenliebe auch mal mühsam und begrenzt sind,
die aber wissen, dass sie auch in ihren Tiefzeiten von Gott getragen und geliebt sind - und die deshalb nicht aufgeben und verzweifeln, sondern immer wieder neu aufstehen und anfangen.

Menschen, die so ehrlich sein können, dass sie zugeben, dass sie sich nicht auf ihre Verdienste berufen können, sondern ganz allein auf die Liebe Gottes - auf den, der aus ihren kleinen bescheidenen Anfängen Großes entstehen lassen kann.

   
Liebe Schwestern und Brüder,

dass es unsere römisch-katholische Kirche immer noch gibt, das liegt sicher nicht an den Dogmen und Glaubenssätzen, die diese Kirche irgendwann aufgeschrieben hat, sondern das wird vor allem an den vielen Christinnen und Christen liegen, die vor uns gelebt haben und an deren Leben und Glaubenszeugnis man all die Dinge entdecken und ablesen konnte, die so einladend und gewinnend waren, dass es immer wieder Menschen gab, die es ihnen gleich tun wollten; die genau so sein und genau so leben wollten, wie die, die es ihnen vorgelebt haben:

Mit einer auffälligen Sorge der Gemeinde für ihre Armen und Kranken;
mit einem großen Respekt gegenüber den Toten
mit einem ungewöhnlich barmherzigen Umgang mit den Schwachen und Sündern;
und mit einem beeindruckenden solidarischen Eintreten für die Kleinen
Und nicht zuletzt, dass es da bei diesen Christen einen Tisch, einen Altar gibt, an dem nicht nur die Reichen und Angesehenen Platz nehmen durften, sondern auch all die anderen:
Die „kleinen Leute“. Die, die nichts haben und nichts sind; ja sogar die Schwachen. Weil diese Christen wussten: Hier laden eben nicht die Menschen ein, sondern der Herr selbst. Und das ist einer, der keinen von seiner Liebe ausschließt.
Und wer könnte etwas anderes behaupten!

  
Liebe Schwestern und Brüder,

ja, die Bibel, die heute zu allererst von den anderen Menschen gelesen wird, die steht nicht im Bücherregal, sondern das sind wir.
So wie wir sind, so kommt auch das Christentum daher.
So wie wir sind und uns benehmen, so kommt unser Glaube bei unseren Mitmenschen an - ob gut oder schlecht,  ob überzeugend oder eher abstoßend.
Wir entscheiden mit darüber. 

Und deshalb ist es schon spannend, wenn wir uns hin und wieder fragen:
Was würde denn einer an uns sehen, wenn wir ihn einladen würden: Komm und sieh! Leb mal einen Tag mit mir - oder zwei. 
Würden wir ihn überzeugen mit unserem Glauben, mit unserem Leben - oder eher abschrecken?
Müssten wir uns verbiegen, um gut dazustehen, oder könnten wir so bleiben wie wir sind?

Roger Schutz, der Begründer der Gemeinschaft von Taizé hat einmal gesagt: „Lebe, was du vom Evangelium verstanden hast. Und wenn es noch so wenig ist. Aber lebe es!“
Und dann kann eine kleine Tat, eine kleine ehrlich Geste viel überzeugender sein als ein großes, noch so frommes Wort - hinter dem aber keiner steht.

   
Liebe Schwestern und Brüder,

ja, wir sind die Bibel, die die Menschen von heute lesen.
Und diese Bibel sollte von einem Glauben erzählen, der froh machen will,
weil es der Glaube an einen Gott ist, der uns nicht überforden, sondern der uns erlösen will.
Der Glaube an einen Gott, der die Menschen liebt, so sehr liebt, dass
er ihnen einen Retter gesandt hat, Jesus Christus, damit sie am Ende nicht untergehen müssen.
Dieses Lamm Gottes, das uns nicht dauernd noch Lasten auflädt, sondern das die Sünde der ganzen Welt hinwegnimmt, damit wir leben können –

als befreite und freie Kinder dieses Vater im Himmel.
Und das nicht erst am Ende im Jenseits, sondern jetzt schon.
Hier und heute.
   

Amen

 

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