Predigt von Richard Baus zum Fest der Heiligen Familie, Lesejahr B

Liebe Schwestern und Brüder,

 
haben Sie noch das Tagesgebet im Ohr? Da hieß es „Herr, unser Gott, du hast uns in der Hl. Familie ein leuchtendes Vorbild geschenkt“.
Die Hl. Familie als leuchtendes Vorbild. Wenn wir fragen, wie sie denn eigentlich gelebt hat, diese hl. Familie, dann müssen wir sagen: Wir wissen es gar nicht. Denn die Bibel macht so gut wie keine Aussagen darüber.
Da ist die Notiz von der Darstellung im Tempel, von der wir eben im Evangelium gehört haben. Und Lukas erzählt uns die Begebenheit mit dem 12jährigen Jesus, der nicht mit der Familie nach Nazaret zurückkehrt, sondern im Tempel bleibt. Und da wird Jesus eher als sehr eigensinnig beschrieben.

Das ist alles. Denn das Neue Testament hat kein Interesse daran, die Geschichte des Jesus-KINDES zu erzählen, sondern es will uns von diesem Jesus-MANN erzählen, der da seinen ganz eigenen Weg findet. Der mit 30 Jahren seine Heimat verlässt, sich von seiner Mutter und seinen Verwandten lossagt – und dann das Reich Gottes verkündet. Der die Liebe Gottes verkündet, Kranke heilt – und eine so eigene Beziehung zu Gott hat, dass er ihn Abba nennt. Papa!

Und wenn man die Bibel genau liest, und das, was dort berichtet wird, richtig deutet, muss man wohl zu dem Schluss kommen, dass Jesus sicher nie das liebe, brave Kind war, von dem man uns früher immer so gerne erzählt hat, damit auch wir „liebe und brave Kinder“ werden sollten, sondern ein sehr eigensinniger Mensch, mit dem es nicht nur die Frommen seiner Zeit schwer hatten, sondern eben auch seine Familie.

Aber vielleicht liegt genau deshalb das Vorbildhafte ja bei seinen Eltern: dass sie ihm nämlich auch den Raum gaben, in dem er zu dem werden konnte, als den wir ihn kennen: Die menschgewordene Liebe Gottes und Heiland für die Menschen. Dass die Eltern es geschafft haben, dass dieser Jesus nicht ihre eigenen Lebens-Träume verwirklichen musste, sondern dass in Jesus das groß und stark werden konnte, was Gott in dieses Kind hineingelegt hat.
Dass er nicht nur Sohn der Maria und des Josef sein musste, sondern dass er immer mehr Sohn Gottes werden konnte.
Gut, dass diese Eltern das geschafft haben - denn das schaffen leider nicht alle Eltern.

   
Liebe Schwestern und Brüder,

wir haben in den letzten Tagen schon ziemlich viele Predigten gehört. Lassen Sie mich dieses Fest der Hl. Familie nutzen, um ihnen noch ein Märchen zu erzählen, ein Märchen für Eltern, die für ihr Kind immer "das Beste" wollen:

Das Märchen vom Prinzen, der zum Frosch wurde!

Sie alle kennen sicher das Märchen vom Froschkönig - der mit Hilfe einer Königstochter zum Prinzen wird.
Diese Märchen der Brüder Grimm hat Gabor von Varga auf seine Weise umgedeutet. Er erzählt ein Märchen von einem Prinzen, der zum Frosch wurde.

Da heißt es: Es war einmal ein Elternpaar. Sie liebten sich und wünschten sich ein Kind. Sie bekamen auch eins und es war ein Prinz. Das Kind fühlte sich auch als Prinz.
Doch bald, nachdem es geboren war, wurde sein Leben etwas schwieriger als es sich dies als Prinz vorgestellt hatte. Denn seine Eltern fingen an, sich daran zu erinnern, was ihre Eltern schon für gut gehalten hatten. Denn sie fürchteten, es könnte nichts aus dem Kind werden. So lehrten sie es früh laufen und ließen ihm keine Zeit zum Krabbeln. Und alles musste schnell gehen und immer gut sein.

Und eines Tages verlor das Kind, das als Prinz geboren wurde, seine Krone. Es fing an, sich weniger als ein Prinz, sondern immer mehr als ein Frosch zu fühlen. 
Die Eltern halfen ihm dabei. Sie sagten: Fass’ das nicht an, sonst geht es kaputt! Und das Kind verstand: Ich mache alles kaputt, ich bin nichts wert. 
Die Eltern sagten: Ich mag dich, wenn du ruhig und nett bist! Und das Kind verstand: Sei ruhig, sonst habe ich dich nicht lieb!
Manches von dem, was die Eltern sagten, klang eigentlich ganz gut, z. B. Sei stark, Jungen weinen nicht! Reiß’ dich zusammen, sei nicht so kindisch! 

Die Eltern sagten auch: Sei perfekt! Mach keine halben Sachen! Das ist gar nicht schlecht, aber du kannst es bestimmt noch besser. Das Kind verstand: Du darfst keine Fehler machen. Du schaffst es nie so gut, wie es die anderen wollen. Die Eltern gaben ihrem Kind alle diese guten Ratschläge, weil sie das Beste für ihr Kind wollten. Sie fürchteten, dass sonst nichts aus ihrem Kind würde.

Sie sagten: Sei stark -- weil sie fürchteten, dass sie selber schwach waren. Sie sagten: Mach’ schnell -- weil sie sich selber keine Zeit gönnten. Sie sagten: Sei perfekt -- weil sie mit sich selber nicht zufrieden waren.

So musste das Kind jeden Tag einen Löffel Familienbotschaft schlucken. Seine Eltern dachten, es sei die richtige Medizin. Die Eltern sagten: Du hättest doch eigentlich... Aber das Kind hörte: Fühle dich schuldig! Du tust nie das, was ich von dir verlange. So wie du bist, liebe ich dich nicht. 
Die Eltern sagten auch: Was tust du mir da schon wieder an? Das Kind verstand: Du bist dafür verantwortlich, wenn es mir schlecht geht. Also bitte tu mir jeden Gefallen, damit ich mich wieder gut fühlen kann!

Und es übte sich im Sagen von „Ja, Vati. Ja Mutti.“, bis es ganz grün im Gesicht wurde. Aber eines Tages, als es zu grün war begann es „Nein“ zu quaken. Nun war es kein lieber, netter Prinz mehr, sondern ein trotziger Frosch. Seine Eltern und Lehrer schimpften immer mehr mit ihm. Wenn sie gut gelaunt waren, gaben sie ihm gute Ratschläge wie: du musst dich schon anstrengen, wenn du im Leben was werden willst.

Langsam wurde das Kind älter und heiratete. Sie liebten sich und bekamen ein Kind. Und auch das war wieder ein Prinz. Und dieses Kind fühlte sich auch als Prinz. 
Nun, diesem Prinzen ging es dann doch etwas besser. Denn seine Eltern erinnerten sich, wie schlecht sie sich als Kinder gefühlt hatten. Und sie sagten öfters ihrem Kind: Ich freue mich, daß es dich gibt. Das hast du gut gemacht. Ich mag dich! Ich glaube, du wirst es schon gut machen. Dieses Kind behielt seine Krone.

Die Krone, von der da die Rede ist, liebe Schwestern und Brüder, könnte sie nicht die Krone der Ebenbildlichkeit Gottes sein, die natürliche Würde, die jedem Menschen von Anfang an geschenkt ist?
Und das will unser Märchen Eltern und Erziehern sagen: 
Lasst die Kinder das sein, was sie sind: Gottes frohe Geschöpfe!

Denn „Eure Kinder sind nicht eure Kinder“, so sagt es Khalil Gibran. Das heißt: Sie gehören nicht euch, sondern sie gehören Gott.
Und Gott lässt uns sicher sein, wie wir sind, ohne dauernd seinen Zeigefinger zu heben. 

Er macht uns auch nicht dauernd Vorschriften, die wir dann schlucken müssen, denn er will ja keine quakenden Frösche als Kinder, sondern er will Prinzen und Prinzessinnen. Königinnen und Könige.

Das einzige, das er uns ganz sicher immer wieder sagt, ist: Ich habe dich lieb, denn du bist mein Kind, heute und immer, solange du da bist.
Und dir will ich Vater sein - und Mutter.

   
Amen

 

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