Predigt von Richard Baus zum 12. Sonntag im Jahreskreis, zum Fest der Geburt Johannes des Täufers, Lesejahr B

Liebe Schwestern und Brüder,

wir feiern das Fest der Geburt des Johannes ganz nahe am Termin der Sommer-Sonnenwende. Ab jetzt werden die Tage kürzer - „Ich muss abnehmen, ich muss weniger werden, damit ER größer werden kann“, so wird Johannes, wenn er älter ist, im Hinblick auf Jesus sagen; denn wenn wir dessen Geburtstag feiern, das Geburtsfest Jesu an Weihnachten, dann wendet sich wieder die Sonne - und dann werden die Tage wieder länger. Mehr Sonne, mehr Licht!

Mich hat dieses „Wenden“ so angesprochen. Sonnenwende. Zeitenwende.
Wenn sich Zeiten wenden, dann wird einiges anders.
An einer solchen Wende steht Johannes: An der Wende von Alten zum Neuen Bund.
Er ist der letzte Prophet des Alten Bundes - und der Vorläufer Jesu; er ist es, der Jesus den Weg bereiten und auf ihn hinweisen wird.

In der Tat, es wendet sich einiges. Das Evangelium erzählt es uns: Gott greift in das Leben von Menschen ein. Hier in das Leben zweier alter Menschen: Zacharias und Elisabeth. Und so können sie auf einmal noch neues Leben hervorbringen. Eine Familie wird von der Schmach der Kinderlosigkeit befreit und in ein besonders Licht gerückt. Gott erweist Gnade – und alles wendet sich.

Aber Wenden, Veränderungen, so wissen wir das alle, oft aus eigener leidvoller Erfahrung, die kommen nicht immer gut an.
Auch nicht hier. Haben Sie noch den Satz im Ohr, den sich Elisabeth anhören muss, als sie das Kind Johannes nennen will – und nicht Zacharias?
„So heißt doch niemand in Deiner Familie“!

 
Liebe Schwestern und Brüder,

wer halbwegs sensible ist, wird den Vorwurf hören, der dahinter steckt: Was ist denn jetzt los?! Warum ein neuer Namen? Warum bleibst Du nicht bei den alten Bräuchen? Der Sohn soll heißen wie der Vater! Warum macht ihr das nicht so, wie es immer gemacht wurde? 

Ja, da erheben die „Konservativen“ (um es mit einem Schlagwort zu benennen) ihre Stimme: Bitte nichts Neues!
Bleibt doch beim Alten! Es ist doch schön, wenn das Kind den Namen des Vaters bekommt. Eine schöne Tradition. Und Traditionen muss man doch einhalten.

Und auch das kennen wir aus unserer Kirche nur allzu gut: Dort, wo die Tradition so wichtig ist; wo das gerne hochgehalten wird, was immer schon gewesen ist.

Und wo „Wahrheit“ gleichgesetzt wird mit dem, was „früher“ immer war.
Und alles, was anders, was „modern“ ist, nicht gut ist - und deshalb darf es nicht sein.
Lieber alles lassen wie es immer schon war, lieber beim Alten bleiben - und in der Spur der Tradition weitermachen.

Aber Elisabeth, diese wunderbare alte Frau, widersteht dem. Woher sie auch den Mut genommen hat, an der Stelle kann sie Nein sagen; Nein, sein Name ist Johannes --- und damit verhilft sie dem Neuen zum Durchbruch.

 
Liebe Schwestern und Brüder,

durch das mutige NEIN dieser alten Frau wird eine Wende möglich. Es bleibt nicht alles „beim Alten“, sondern Gott kann etwas Neues beginnen, so neu und überraschend, dass die Leute den Kopf schütteln und sagen: Was wird aus diesem Kind einmal werden?!?!?
Denn es ist spürbar, dass da Gott seine Hand mit im Spiel hat.

 
Liebe Schwestern und Brüder,

das ist für mich das Ermutigende an dieser Johannes-Geschichte: Gott will Neues und er wirkt Neues.
Und deshalb sind wir nicht darauf festgelegt, Gott und sein Wirken immer nur im Bekannten und Vertrauten zu suchen, sondern auch mal im Neuen, im Unbekannten.

Wir nennen diesen Gott zwar immer „den Gott unserer Väter und unserer Mütter“, aber er ist doch auch der Gott, dem die Zukunft gehört – jene Zukunft, in die das Reich Gottes hineinwachsen und in der es weiter groß werden will.

„Ich schaffe etwas Neues; es kommt schon hervor. Seht ihr es denn nicht?“ so lässt Gott seinen Propheten Jesaja sprechen (Jes 43,19). Und damit lenkt er unseren Blick nach vorn. Nicht immer zurückschauen, sondern auch nach vorn. Denn Gott ist nicht nur im Vergangenen zu finden, sondern ebenso im Neuen.

 
Liebe Schwestern und Brüder,

wie gesagt: ich finde dieses heutige Evangelium sehr ermutigend und einladend – gerade dann, wenn Wendepunkte in den Blick rücken: Wendepunkten im eigenen Leben, Wendepunkte in Leben einer Gemeinde und auch – wie jetzt bei uns in unserer Ordensgemeinschaft, wenn ein Generalkapitel ansteht, wenn es um die Gestaltung der Zukunft geht. Um das, was Morgen sein soll.
Gerade an der Zukunft sollten wir doch so viel Interesse haben, denn wir werden doch den Rest unseres Lebens dort verbringen.

Dass wir dann aber nicht ängstlich zurückschauen auf das, was war, und dann versuchen, vom Alten noch zu retten, was zu retten ist, sondern dass wir mit viel Freude, mit viel Vertrauen und ganz viel Mut das erwarten, was nun kommt – was von Gott her auf uns zukommt: eben diese Zukunft
weil Gott doch auch in der Zukunft sein Zuhause hat,
weil Gott doch auch in der Zukunft Wunder wirken will,
weil doch auch die Zukunft Gottes Zeit ist,
und Heilszeit für uns.

„Vertraut den neuen Wegen, auf die die Herr euch weist“, so singen wir schon mal in einem neueren geistlichen Lied. Und in diesem Lied heißt es auch: „Die Zukunft ist SEIN Land“.

 
Liebe Schwestern und Brüder,

lernen wir doch von diesen beiden alten Leuten, von Elisabeth und von Zacharias, mutig NEIN zu sagen, wenn uns immer gleich dann jemand mit der „Tradition“ kommt, wenn was Neues ansteht,
damit das Neue auch wirklich eine Chance bekommt –

Oder um es noch deutlicher zu sagen: Damit Gott eine Chance bekommt – eben in diesem Neuen.

Und dass nicht alle Söhne, um bei unserem Evangelium zu bleiben, immer die Namen ihrer Väter tragen müssen - sondern auch mal einen neuen Namen bekommen, einen eigenen Namen, so wie dieser Johannes, dessen Geburtsfest wir heute feiern.

Ein neuer Name: Johannes.
Ein Name, der so schön ist, dass er aufhorchen lässt. Denn übersetzt heißt Johannes:
Gott ist barmherzig.

 
Amen

 

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