Predigt von Richard Baus zum 2. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B

Joh 1,35-42

 
Liebe Schwestern und Brüder,

„Missionarisch Kirche sein“ – diesem Schlagwort begegnen wir immer mal wieder, besonders dann, wenn es um die Zukunft der Kirche geht. Missionarisch sein, das ist lebenswichtig für unsere Kirche – und das ist der Auftrag unseres Herrn Jesus Christus an uns, an uns als Kirche.

Und eine Missionarische Kirche ist eine Gemeinschaft, die sich nicht einschließt in ihre sicheren vier Wände, sondern die sich öffnet nach außen hin. Eine Kirche, die Raum bietet für neue Mitglieder und die sich so positiv darstellt, dass man auch dazugehören möchte.
Eben eine Kirche, die einladend ist.

Zu diesem Thema „Missionarisch Kirche sein“ erschien vor vielen Jahren ein bemerkenswerter Hirtenbrief des damaligen Bischofs von Erfurt, Bischof Wanke.
Aus diesem Hirtenbrief ist mir noch ein Satz in Erinnerung, der mich seitdem begleitet und beschäftigt.

Dieser Satz lautet: „Wenn Gott so großzügig ist, wie kann sein Bodenpersonal dann kleinlich sein“. 

Spannend, oder? Wenn Gott so großzügig ist, wie können wir dann, wir, sein „Bodenpersonal“, so ganz anders sein: nämlich kleinlich und lieblos, unbarmherzig und gnadenlos?!
Denn dann sind wir eine schlechte Reklame, schlechte Reklame für Gott – und damit auch für unsere Kirche. 

Denn Kirche und kirchliches Leben werden ja nicht erfahrbar durch kluge Bücher, nicht durch hochtheologische Vorträge, die keiner liest; sondern Kirche wird vor allem erfahrbar durch Menschen, durch uns. 

 
Liebe Schwestern und Brüder,

so wie wir sind, wie wir unseren Alltag leben, so ist dann auch Kirche.

Ich denke, da sind wir genau bei unserem Evangelium von heute, dort wo Jesus diesen Männern, die wissen wollen, wo er wohnt, sagt: „Kommt und seht!“ Er hat sie eingeladen.

Und dann wird er den Männern, die ihn näher kennenlernen wollen, ja nicht seine Wohnungseinrichtung gezeigt haben, sondern er wird ihnen gezeigt haben, wie er lebt, wie er glaubt, wie er umgeht mit den Menschen, die da um ihn herum sind --- und ob seine Taten und seine Worte miteinander übereinstimmen, denn nur das ist ja wirklich überzeugend.

 
Liebe Schwestern und Brüder, 

was Jesus da tut, das ist Mission im eigentlichen Sinne des Wortes: 
Andere einladen und  mitgehen lassen auf den eigenen Wegen.
Einen anderen teilhaben lassen an der Art und Weise wie ich in meinem Alltag mit meinem Problemen, mit meinen Begrenztheiten und Fehlern, mit meinen Mitmenschen und mit meinem Gott umgehe. 

Keine Appelle oder Anforderungen, keine Belehrungen oder Meßlatten. Kein: Du musst! oder Du darfst nicht!
Einfach nur: Kommt und seht.

So kann Glauben entstehen.
Denn der Glaube kommt nämlich nicht aus Büchern, sondern der kommt immer auf zwei Beinen daher: Durch Menschen, die einladend sind; Menschen, die sagen können „Komm und sieh!“ , schau wie ich es mache -
und die dann nicht tun, als wären sie besser als die anderen, sondern die ehrlich sind; die sich nicht verstecken, wenn ihr Glaube mal schwach ist, und wenn ihre Caritas und Nächstenliebe auch mal mühsam sind,
sondern die wissen, dass sie auch Tiefzeiten haben - aber dass sie auch in ihren Tiefzeiten von Gott getragen und geliebt sind - und die deshalb nicht aufgeben und verzweifeln, sondern immer wieder neu aufstehen und anfangen.

Menschen, die so ehrlich sein können, dass sie zugeben, dass sie sich nicht auf ihre Verdienste berufen können, sondern ganz allein auf die Liebe Gottes - auf den, der aus ihren kleinen bescheidenen Anfängen Großes entstehen lassen kann.

 
Liebe Schwestern und Brüder, 

dass es unsere christlichen Kirchen immer noch gibt, das verdanken wir Gott – aber ganz sicher auch den vielen Christinnen und Christen, die vor uns gelebt haben und an denen man Dinge entdecken konnte, die sehr ungewöhnlich - und die gerade deshalb so gewinnend waren: 

Ihre auffällige Sorge der Gemeinde für ihre Armen und Kranken; der Respekt gegenüber den Toten;  der barmherzige Umgang der Christen mit den Schwachen; ihr Eintreten für Rechtlose;  und nicht zuletzt, dass es bei diesen Christen einen Tisch, einen Altar gibt, an dem nicht nur die Reichen und Angesehenen einen Platz haben, sondern auch die „kleinen Leute“, sogar die Sünder; eben alle. Keiner darf dort ausgeschlossen werden – weil es neben allem Recht auch die Barmherzigkeit gibt – und die Vergebung.

Vieles eben, was so ganz anders war als bei vielen anderen Religionen und Kulturen – Und: Alles ohne großes Aufsehen, ohne große Worte, sondern ganz einfach durch das Leben, durch das Beispiel im Alltag.

Das war es, was überzeugte und ansteckte: Diese Botschaft, die nicht für die Ohren bestimmt war durch großartige Predigten und hochtheologische Worte, sondern die Predigt, die für die Augen bestimmt war - durch das glaubwürdige Tun, durch die Caritas und die gelebte Barmherzigkeit, durch das Leben auch außerhalb der Kirchenmauern.

 
Liebe Schwestern und Brüder, 

die Bibel, die zu allererst von den anderen Menschen gelesen wird, die steht nicht im Bücherregal, sondern das sind wird.

So wie wir sind, so kommt das Christentum bei unseren Mitmenschen rüber - ob gut oder schlecht,  ob überzeugend oder eher abstoßend. Wir entscheiden mit darüber.  Denn wir geben der Kirche ein Gesicht, nämlich unser Gesicht.

Und deshalb ist es schon spannend, wenn wir uns fragen:
Was würde einer an uns sehen, wenn wir ihn einladen würden: Komm und sieh! Leb mal einen Tag mit mir - oder zwei. 

Was bringen wir da rüber in unserem Alltag? 

Müsste ich mich erst mal  „verbiegen“ und anstrengen, um halbwegs einladend und überzeugend zu wirken - oder könnte ich ganz einfach sein wie ich wirklich bin??? Ehrlich sein???

Müsste ich jemanden überreden – oder könnte ich ihn überzeugen?

Roger Schutz, der Begründer der Gemeinschaft von Taizé hat einmal gesagt: „Lebe, was du vom Evangelium verstanden hast. Und wenn es noch so wenig ist. Aber lebe es!“

Deshalb, liebe Schwestern und Brüder, keine Angst. Denn das, was wir zu bieten haben, unser Glaube, der will niemanden überfordern, uns selbst nicht und auch nicht die anderen, sondern er will froh machen, erlösen - und anstecken.

Und dabei kann eine kleine ehrliche Tat überzeugender sein und mehr bewirken als ein großes Wort - hinter dem aber keiner steht.

 
Amen



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