Predigt von Richard Baus zum 23. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B

Jes 35,4-7a und Mk 7,31-37

 
„Sagt den Verzagten: Habt Mut, fürchtet euch nicht! Seht, hier ist euer Gott! …
…er selbst wird kommen und euch erretten.“

 
Liebe Schwestern und Brüder,

diese Worte haben wir eben in der Lesung aus dem Ersten Testament gehört. Es sind Worte des Propheten Jesaja. Und das Buch, in dem sie stehen, nennen wir „das Trostbuch“.

Das alte Israel stand damals in der Gefahr aufgelöst und zerrieben zu werden; es war in der Verbannung. Nachdem es seine Heimat verloren hatte, stand es nun auch kurz davor, seinen Glauben zu verlieren. Eine Situation, die vielen Angst machte; viele verzagen ließ. In genau diese Bedrohung und Angst hinein spricht der Prophet - und er tröstet, er macht Mut:
Fürchtet euch nicht. Bei all Eurer Bedrängnis ist doch immer noch Gott. Und dieser Gott lässt
euch nicht hängen. Sondern er selbst wird euch retten.

 
Liebe Schwestern und Brüder,

als Markus sein Evangelium schreibt, da hat er dieses Trostbuch sehr wohl im Kopf. Und mit seinem Evangelium, mit seiner Frohbotschaft will er sagen:
Jetzt macht Gott ernst. Dieser Jesus ist nicht irgendwer, nicht irgendein Wunderdoktor, der gute Tricks drauf hat, um Menschen zu heilen, sondern er ist die Erfüllung der Zusage Gottes.

In Jesus, da löst Gott sein altes Versprechen ein.
In Jesus macht Gott wahr, was bereits durch die Propheten angekündigt worden ist:
„Seht, hier ist Gott!“ – Ein Gott, der rettet – und zwar so, dass man es sehen und hören kann. Ja, Gott erfüllt seine Verheißungen!

 
Liebe Schwestern und Brüder,

da bringt man also einen Taubstummen zu Jesus.
Unsere Bibelwissenschaftler sagen, dass dieser Taubstumme ein Bild ist, ein Bild für viele Menschen, die irgendwann krank geworden sind:

Menschen, die irgendwann stumm geworden sind, weil niemand ihnen mehr wirklich zuhört;
Menschen, die nichts mehr sagen wollen und können, weil keiner hinhört auf das, was sie wirklich sagen wollen – wenn sie von ihrem Leid, von ihrer Not und von ihren Ängsten sprechen.
Menschen, die sich in sich zurückgezogen haben und irgendwann total verstummt sind, weil niemand sich mehr für sie interessiert.

Dieser Taubstumme ist auch ein Bild für Menschen, die nichts mehr hören wollen, weil man ihnen immer nur gesagt hat, was sie alles nicht richtig machen, wo sie noch Defizite haben,
was sie schon wieder falsch gemacht haben - und dass sie aus all diesen Gründen nicht ok sind.
Menschen, die „dicht gemacht“ und zugemacht haben, um überhaupt noch weiterleben zu können – und an die niemand mehr rankommt. Und davon gibt es – weiß Gott – viele.

Aber Jesus kommt an diesen Menschen ran. Jesus kann ihm helfen –
aber Jesus tut es nicht mit Hokuspokus oder so was, nicht mit frommen Sprüchen – sondern durch Zuwendung und Nähe. Durch die Art und Weise wie er ihm begegnet.

   
Liebe Schwestern und Brüder,

dieser Jesus kommt nicht mit schon wieder neuen Ermahnungen, nicht mit Aufforderungen wie „Jetzt reiß dich aber mal zusammen!“ – „Lass dich nicht hängen“, Sätze, die man schon nicht mehr hören kann, weil sie nicht wirklich helfen. Und da ist auch kein gereiztes: Was ist denn jetzt schon wieder los?

Sondern da ist Zuwendung;
ohne viele Worte, aber dafür mit ganz viel Nähe, die diesem Kranken zeigt: Du bist mir wichtig!
Mit ganz viel Aufmerksamkeit, die diesem Taubstummen signalisiert: Ich bin jetzt nur für dich da. Alles andere muss jetzt warten. Ich habe jetzt Zeit, ich habe ein Ohr für Dich und Deine Probleme. Ich sehe dich in deiner Not.
Und genau das verändert die Welt dieses Taubstumme; genau das öffnet diesen Menschen wieder für das Leben- und das macht ihn heil, gesund.

Das einzige Wort, das Jesus spricht, ist „Effata“ – „Öffne Dich!“ Alles andere ist Zuwendung, da ist Nähe und Aufmerksamkeit.

  
„Effata“, liebe Schwestern und Brüder,

so hat man auch einmal zu jeder/m von uns gesagt. So wurden wir alle einmal ermutigt – in einem Moment, in dem Gott auch uns ganz nahe gekommen ist, mit ganz viel Liebe und Zuneigung:
Denn „Effata“ so spricht der Priester (oder Diakon) bei jeder Taufe.

Öffne Dich – und das will wohl sagen: Gott will offene Menschen, keine Menschen, die sich verkrümmen, ducken oder klein machen – nicht vor den Mitmenschen und zweimal nicht vor IHM;
Nein, Gott will Menschen, die aufrecht stehen, damit sie hören und sehen und entdecken, wie wichtig sie für Gott sind – für jenen Gott, der unser Heil will.
Das ist die Frohe Botschaft dieses Evangeliums.

Aber da gibt es noch eine zweite Botschaft in diesem Text, die man fast übersieht, weil es fast nur eine Randnotiz ist.

Da steht: Da brachte man einen Taubstummen zu Jesus.

Das heißt, da gab es, Gott sei Dank, Menschen, die einen, der total zu gemacht hatte, der schon taub und stumm für alles geworden war, zu Jesus bringen, Menschen, die diesen Kranken sozusagen zum Heil hinbringen.
Da gab es „Heils-Vermittler/innen“,
Menschen also, die unter Umständen genau damit selbst zum „Heiland“ für einen anderen werden können, weil sie nicht schon zufrieden sind, wenn es ihnen selbst gut geht, sondern weil sie wollen, dass auch andere dieses Heil finden, dass auch andere Anteil am Leben haben.

Ich denke, das ist die Stelle, an der wir in dieses Evangelium hineinkommen; das ist die Stelle, an der wir gefragt und notwendig sind.

Als Menschen, die offen sind für die Not der anderen – und offen für das Heil, das allein Gott schenken kann – und die dann einen Menschen dorthin führen, wo sie das Heil erfahren können – zu Gott –
und zwar zu einem liebenden und tröstenden, zu einem rettenden Gott, der nicht nur damals Mensch geworden ist in Jesus Christus – sondern der auch heute Mensch werden will -- in uns, damit auch wir so handeln können, wie Jesus gehandelt hat: Heilend und befreiend, aufrichtend und vergebend, liebevoll und tröstend – so dass Menschen sich öffnen können, weil wir ihnen so begegnet sind, dass sie durch uns Heil erfahren haben.

Wenn wir dazu fähig sind – zu heilsamen und heilenden Begegnungen mit unseren Mitmenschen, dann sind wir wirklich Kirche,
Kirche unseres Herrn Jesus Christus. Und dann erfüllen auch wir Gottes Verheißungen.

Amen

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