Predigt von Richard Baus zum 4. Ostersonntag, Lesejahr B

Sonntag vom Guten Hirten
Joh 10,11-18

 
Liebe Schwestern und Brüder,

den heutigen Sonntag nennt die Kirche den Sonntag vom Guten Hirten – nach dem Evangelium des guten Hirten. Und die Kirche betet heute in besonderer Weise um kirchliche Berufe, also um gute Hirten.

Das Evangelium hat gerade beschrieben, was einen guten Hirten ausmacht: Es ist einer, der seine Herde liebt; dem sie alles bedeutet. Einer, der nicht wegläuft, wenn es schwierig wird, sondern der bleibt, der aushält – und der sogar bereit ist, sein eigenes Leben hinzugeben.

Der gute Hirte ist der, der nicht eigenes Interesse hat an der Wolle und dem Fleisch, also am Profit, sondern der will, dass es der Herde gut geht, weil sie ihm am Herzen liegt.

Er kennt seine Herde – und sie kennt seine Stimme – weil er mit ihr spricht, mit ihr kommuniziert – und ihr Worte sagt, die Mut machen.

Ein hohes und anspruchsvolles Bild, das das Evangelium uns da malt; ein Bild, das aber seine Erfüllung gefunden hat – und zwar in Jesus Christus selbst. Er ist der gute Hirt, der seine Herde liebt.

Nicht von ungefähr zeigt deshalb eine der ältesten Christusdarstellungen, die man in Rom gefunden hat, einen Hirten, der ein Schaf auf seinen Schultern trägt, liebevoll und sorgsam. Und auf vielen Grabsteinen der frühen Christen ist dieses Motiv in Stein gehauen: Jesus, der gute Hirte, der kein Tier seiner Herde verloren gehen lässt, sondern der eher sein eigenes Leben hingibt als dass eines seiner Schafe Schaden nimmt.


Liebe Schwestern und Brüder,

wer sich auch nur ein bisschen auskennt in der Bibel, der weiß, dass dieses Hirtenbild ein altes Gottesbild ist; ein Bild, das schon im Ersten Testament zu finden ist – unter anderem in jenem wunderschönen Psalm, der davon singt, dass dieser Gott-Hirte dafür sorgt, dass seine Herde
Futter findet und er sie zum Ruheplatz am Wasser führt, dorthin, wo Leben ist, Leben in Fülle.

Und unsere Kirche überträgt dieses Bild auch auf Seelsorgerinnen und Seelsorger, insbesondere auf die Priester. „Herr Pastor“, so sagen die Leute zu ihrem Pfarrer. Und „Pastor“ ist das lateinische Wort für den „Hirten“. Also: „Herr Hirte“…

Wie aber sieht das mit den biblischen Hirtenbildern in Zukunft aus, wenn diese Hirten nicht mehr da sind? Oder nach einer Bistumsreform, wenn die Herden so groß sind, dass sich Hirten und Herden
kaum mehr kennen? Wenn der Hirte die „Schafe“ nicht mehr beim Namen rufen kann, weil
er die Namen gar nicht mehr kennt? Und die „Schafe“ die Stimme des Hirten nicht mehr kennen, weil er kaum noch zu sehen und zu hören ist?

Nun, vielleicht ist es in dieser Situation noch mal gut, sich an ein wichtiges Wort aus dem letzten Konzil zu erinnern. Da war vom allgemeinen Priestertum aller Getauften die Reden. Und dahinter steht wohl der Gedanke, dass man nicht einfach alle Hirten-Sorge einem geweihten Priester aufladen kann, sondern dass alle Getauften mittragen können an diesem Amt und an dieser Aufgabe. Und sie
sollen es auch. Den Auftrag dazu haben sie doch in der Taufe empfangen. Und das, was sie dazu brauchen, den Geist Gottes, doch auch.

Gute Hirten und gute Hirtinnen muss es in allen Bereichen unseres Lebens geben. Hirtinnen und Hirten, die sich verantwortlich fühlen für andere Menschen. Die nicht sagen: Die anderen gehören mir nicht,
und deshalb ist es egal, was die machen. Nein, Frauen und Männer, die wissen: Ich bin auch verantwortlich für andere.

Die sind mir nicht egal, sondern ich trage Mit-Sorge. Es liegt auch mit an mir, ob Menschen zum Leben geführt werden oder nicht. Und ich muss ihnen Mut machen, damit sie zum Leben kommen.

Mut zu machen, indem ich ihnen zeige und vorlebe, wie das gehen kann. Indem ich das gute Beispiel bin, dem man folgen kann.

Je mehr Mut wir anderen zum Leben gemacht habe, um so mutiger werden sie sein.
Und je mehr wir sie zum Leben befähige, umso fähiger werden sie im Leben sein.
In einem Leben, das nicht eng und ängstlich ist, sondern weit und groß – weil Gott uns nie in die Enge führt, sondern immer in die Weite.

Und dann ist dieser Hirten-Dienst einer der schönsten Dienste, den ich einem Menschen erweisen kann. Wenn ich ihn dorthin führe, wo man leben kann – wo Leben ist in Fülle. Ins grüne Tal und zu einem Ruheplatz am Wasser, so wie die Psalmen das beschreiben.

Ja, gute Hirten und gute Hirtinnen sind wichtig – nicht nur auf den Weiden, sondern auch in der Kirche. Und ebenso in einer Familie, in einem Unternehmen, und auch in Betrieben und Einrichtungen –
deshalb beten wir heute darum.

Aber: Gute Hirten, die fallen nicht einfach so vom Himmel herunter, sondern kommen aus den Familien, aus der Kirche, aus den Betrieben und Einrichtungen.
Es sind die Menschen von morgen, die aber im Heute gute Beispiele haben müssen, von denen sie all das lernen können.
Denn woher soll morgen etwas Gutes kommen, wenn heute kein gutes Beispiel da ist?!

Deshalb muss uns klar sein: Wenn wir morgen gute Hirten haben wollen, dann müssen wir heute gute Hirten und Hirtinnen für diese Menschen sein, von denen wir das erwarten.
Wir als Väter und Mütter, als Großeltern und Verwandte, als Freundinnen und Freunde, als Lehrerinnen und Lehrer.

Und dazu gehört dann schon die Frage: Wie machen wir Erwachsene von heute das denn den jungen
Menschen, also den Erwachsenen von morgen, vor?
Sind wir authentisch? Sind wir ehrliche Menschen, denen man auch das „abkaufen“ kann, was wir sagen und tun? Haben wir wirklich Interesse an einem geglückten Leben für andere, oder interessieren wir uns nur für uns selbst? Hauptsache uns geht es gut…

Und: Wie reden wir selbst denn eigentlich von unserer Kirche? Reden wir nur über das, was schlecht ist und wo wieder mal was schief gelaufen ist – oder erzählen wir auch von den Dingen, die gut laufen, dort wo unsere Kirche hilft – beim Leben und zum Leben? Interessieren uns nur die großen Skandale, oder haben wir auch einen Blick für die vielen kleinen Dinge, in denen Kirche sehr heilvoll und
heilend wirkt, ganz viel Segen schenkt?

Was sagen wir einem jungen Menschen, der sich für einen Beruf in der Kirche interessiert? Sagen wir: Du bist verrückt! Oder können wir sagen: Großartig. Darüber freue ich mich. Und ich unterstütze Dich
mit meinem Gebet.

Geistliche Berufe sind Gottes Gabe. Aber sie fangen bei uns an: In unseren Familien, in unseren Gemeinschaften und Pfarrgemeinden. Deshalb ist es wichtig, dass wir heute darum beten. Aber wir sollten nicht nur drum beten, dass „andere“ da mal irgendwas machen, sondern wir sollten auch darum beten, dass wir dabei helfen.

Und dann könnte unser Gebet heute vielleicht so heißen: Herr, erneuere Deine Kirche - und fang bei mir an. Sende uns gute Hirten und Hirtinnen – und fang damit bei mir an.

 
Amen

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