Predigt von Richard Baus zum 6. Ostersonntag, Lesejahr B

Apg 10,25-26.34-35.44-48; Joh 15,9-17

 
Liebe Schwestern und Brüder,

ich muss gestehen, dass ich diese Sonntag nach Ostern liebe wegen der Lesungen aus der Apostelgeschichte, die wir in diesen Tagen hören: Die Erzählungen von den Anfängen der Kirche, unserer Kirche.

Erzählungen aus einer Zeit, in der noch nicht klar war, wie diese Kirche da denn aussehen sollte: Wer dazugehören soll und wer nicht.
Wer da was zu sagen hat und wie er dazu kommt. Da steht noch nichts fest.

Und so bleibt es nicht aus, dass es dabei zu großen Problemen kommt, weil eben NEUES entsteht.
Und damit Neues möglich wird, muss natürlich Altes weichen, beziehungsweise es muss sich wenigstens verändern.
Und dann stehen natürlich ganz schnell die auf dem Tablett, die „das nicht fassen können“ - so wie es eben hieß.

Im heutigen Abschnitt aus der Apostelgeschichte haben wir genau so etwas gehört. Da kommt, während Petrus redet, der Hl. Geist auf die Menschen herab – und erfüllt alle.
Aber, und das ist das Unerwartete und Neue, der Hl. Geist kommt nicht nur auf die Juden herab, sondern auch auf die Heiden.

 
Liebe Schwestern und Brüder,

Heiden, das waren Menschen, mit denen ein frommer Jude zur damaligen Zeit nichts zu tun haben wollte – und auch nichts zu tun haben durfte. Das war den Juden verboten.

Und jetzt empfangen diese verachteten und gemiedenen Heiden den gleichen Hl. Geist wie auch die Juden.

 
Liebe Schwestern und Brüder,

das ist so anders, so fremd und neu, dass es die gläubig gewordenen Juden gar nicht fassen können - und an anderer Stelle lesen wir, dass sie das auch gar nicht wollen.
Darf das denn so sein? Kann Gott so was machen? Kann Gott die in seine neue Gemeinschaft mit hineinnehmen, die sie selbst vorher immer sehr bewusst ausgeschlossen hatten?
Diese Heiden, vor denen sie sich so in Acht genommen hatten wie der Teufel vor dem Weihwasser!
Sie können es nicht fassen…..

Aber Petrus ist so von Gottes Geist erfüllt, dass er zur Überzeugung kommt: Doch! Wer den Hl. Geist empfangen hat, dem können und dem dürfen sie die Taufe nicht verwehren, denn der gehört auch zur Gemeinde des auferstandenen Herrn - auch wenn er vorher nicht Jude war, sondern Heide.

Und so kann Petrus - in diesem Hl. Geist - Grenzen überschreiten: religiöse und traditionelle. Ihm ist wohl klar geworden: Die Welt ist größer und weiter als er denkt, weil es doch Gottes Welt ist. Und Gott sucht sich in jedem Volk seine Gemeinde.
Diesem Petrus wird klar: Gott will das. Und wenn Gott das will, dann darf er sich doch nicht dagegen stellen - nur weil es neu ist.

 
Liebe Schwestern und Brüder,

was dort geschieht, dass ist ein wirkliches Wunder. Diese geschlossene und verschlossene Gruppe der gläubig gewordenen Juden kann sich öffnen – und die kann Menschen Raum geben, mit denen sie vorher nichts hätten zu tun haben wollen. 

Und so kann das Christentum sich ausbreiten – über Israel hinaus, hinein in die Welt.

Weil Gottes Geist sich nicht aufhalten lässt. Gott lässt sich nicht vereinnahmen und festhalten, nicht von Glaubens- noch von Ländergrenzen, sondern er schenkt sich allen - allen die ER erwählt hat.

 
Liebe Schwestern und Brüder,

eine wunderschöne Geschichte – aber eine Geschichte, die uns auch unruhig machen muss, wenn wir auf unsere Kirche heute schauen.
Auf unsere Kirche, in der es im Moment auch so was gibt: Die Frage: Kann man sich öffnen für Neues – oder muss man die Türen verschlossen halten?

Wenn sich da die Deutsche Bischofskonferenz um einen Zugang zur Kommunion für die nichtkatholischen Partner in einer konfessionsverbindenden Ehe bemüht – und sieben Bischöfe gleich einen Brief nach Rom schicken, um das noch im letzten Moment zu verhindern….

Oder wenn sich unsere Kirche um Menschen bemüht, deren Ehe gescheitert ist – die nun aber wieder in einer neuen Beziehung ganz verantwortlich leben, aus der Exkommunikation heraus und wieder in die Kommuniongemeinschaft hineinzu nehmen – dann werden auch gleich wieder die laut, die so etwas nicht fassen können, -- und sie beklagen gleich den Verlust aller Werte und die Auflösung von Sakramenten -- Werte und Sakramente, die überhaupt nicht in Frage gestellt werden. 

Und das lässt sich ja noch weiter fortsetzen.

 
Liebe Schwestern und Brüder;

natürlich kann man so denken, wie diese „Fassungslosen“ es tun.  Und dann hat man auch die Lehre und die Traditionen der Kirche auf seiner Seite. 

Aber was ist, wenn Gottes Geist diese Kirche mit den alten Lehren heute jedoch verändern will? Wenn er sie weiten und barmherziger machen will? Dürfen wir dem dann entgegenstehen? 

Genügt es wirklich zu sagen: Früher war das aber so – und das muss so bleiben? 

Oder müssen wir nicht auch damit rechnen, dass der Geist Gottes doch auch heute noch lebendig ist? Dass die Kirche den Geist nach der Zeit der Apostelgeschichte nicht in Pension geschickt hat, sondern dass er immer noch in seiner Kirche lebt und wirkt.

„Gottes Geist lässt sich nicht zähmen und nicht regulieren“, so hat es unser Papst einmal den Kardinalen in Rom sehr deutlich gesagt.   

Und wenn die Kirche dem Hl. Geist treu sein will, dann darf sie eben nicht versuchen ihn trotzdem zu zähmen, sondern dann muss sie ihm doch folgen - dorthin, wohin er sie führt.

 
Liebe Schwestern und Brüder,

in unserem Credo bekennen wir uns ausdrücklich zu diesem Hl. Geist. Und da ist nicht vom Stillstand die Rede, sondern davon, dass er lebt und wirkt.

Und da ist ja immer auch noch das Wort des Herrn, der und im heutigen Evangelium sagt: Passt auf: Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt.
Und ich habe euch dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht, dass ihr Euch in Bewegung setzt und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt.

Auch das sollte uns unruhig halten. Der Herr hat uns erwählt. Uns alle, die wir heute morgen hier sind. Aber nicht nur uns, sondern viele andere.
Und er erwählt auch heute immer noch Menschen.

Und wie in der Apostelgeschichte wird er auch heute mit Sicherheit die erwählen, von denen wir „es nicht fassen können“ – weil wir uns nicht vorstellen können, dass „die“ auch zu ihm - und damit zu „Uns“ gehören sollten. 

Aber wenn ER es so will -  dürfen wir es Ihm dann verwehren????
Nur weil einige es nicht fassen können“?!
Ich glaube, die Antwort liegt auf der Hand: Nein, wir dürfen es nicht! 

 
Liebe Schwestern und Brüder,

eine Sicherheit, immer das Richtige zu tun, gibt es da nicht. Darum können wir immer nur beten.
Aber wir sollten aus Angst davor, etwas falsch zu machen, nicht allzu früh alle Türen zuschlagen; denn vielleicht wäre ja grade das das wirklich Falsche – weil der Herr in Seiner Kirche diese Tür doch so gerne auf haben möchte, weit offen, „nicht nur für die Frommen, nein, für alle Welt“.

Denn es ist ja nun mal Seine Kirche – und nicht die Kirche der Menschen.
Und es ist immer noch ER, der wählt und erwählt  - und nicht wir.  
Und deshalb sollten wir ihm bei seinem Wirken nicht dauernd im Weg stehen, sondern ihm voll Vertrauen folgen.   

 
Amen

 

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