Predigt von Richard Baus zum 7. Ostersonntag, Lesejahr B

Apg 1,15-17.20a.20c-26

 
Liebe Schwestern und Brüder,

bei der Meditation der Lesungen bin ich bei der Apostelgeschichte hängen geblieben. Da soll die junge Kirche einen Nachfolger für Judas wählen, damit „die Zwölf“ wieder komplett sind.

Und damit sie sich auf die Suche nach dem richtigen Mann machen, wird aufgelistet, welche Voraussetzungen der „neue Mann“ erfüllen muss, damit er überhaupt  zur Wahl stehen kann.

Er muss dabei gewesen sein als Jesus mit den Jüngern unterwegs war.

Er muss miterlebt haben, wie Jesus gelebt hat; welche Wunder er getan hat, was er verkündigt hat, wie er mit den Kranken, den Schwachen und den Sündern umgegangen ist.
Und er muss zusammen mit den Elf  Zeuge der Auferstehung Jesu sein.

Kurz gesagt: Er muss diesen Jesus wirklich kennen. Er muss eine solche Beziehung zu ihm gehabt haben, dass er nun selbst SEINE Auferstehung „im Leib hat“. Ja, er muss die DNA Jesu im Blut haben.
  

Liebe Schwestern und Brüder,

diese Versammlung sucht anscheinend keinen, der durch besondere Frömmigkeit auffällt; keinen, der besonders brav und angepasst ist; und auch keinen, der alle Gebote kennt und darauf achtet, dass sie auch alle eingehalten werden, sondern sie suchen einen, der den Mut hat, Zeugnis zu geben - und das heißt wohl: selbst so zu leben wie Jesus gelebt hat.

Einen, der eintritt für das Leben; der so mit Menschen umgeht, dass sie wieder heil und gesund werden und wieder Anteil am Leben haben;
der Sündern so barmherzig ist wie Jesus, dass er Sündern ihre Schuld vergibt und sie wieder in seine Gemeinschaft aufnimmt –
und der sich von nichts aufhalten lässt, sondern der Aufstand für das Leben macht, selbst wenn es ihn dabei das Leben kostet.

Ja, sie suchen einen, dem es nicht um irgendeine Lehre geht, sondern um den Herrn selbst. Denn vom Herrn soll er Zeugnis ablegen mit seinem eigenen Leben.
Anspruchsvoll, oder?!

Und dann folgen noch zwei wunderschöne und ergreifende Notizen:

Bevor sie zur Wahl schreiten, beten sie. Das heißt, sie nehmen Gott mit ins Boot. Hier soll nicht nach ihren menschlichen Vorstellungen entschieden werden, sondern Gott soll entscheiden. Nicht ihr Wille geschehe, sondern Gottes Wille geschehe.

Und damit das wirklich möglich ist, darf das Los entscheiden.
Keine Tricks, keine Wahlmanipulation, sondern das Los – damit auch wirklich Gott zum Zuge kommt, damit SEIN Wille geschehen kann.

 
Liebe Schwestern und Brüder,

ja, vor der Wahl beten sie. Eine wichtige Notiz. Denn das Gebet das ist eines der Erkennungszeichen dieser jungen Kirche. Sie versammeln sich – und beten.

Ein paar Verse vorher lesen wir schon einmal, dass die Elf und die Frauen nach der Himmelfahrt des Herrn ins Obergemach, in den Abendmahlssaal gehen, um dort zu beten.
Betend warten sie auf das, was kommen soll:  auf den Hl. Geist. Denn nur so kann sich Pfingsten ereignen. 

 
Liebe Schwestern und Brüder,

Pfingsten kann man nicht machen, sondern nur empfangen, mit zum Gebet geöffneten Händen. Das geht nicht nach Menschenmaß, sondern nach Gottes Maß.
Denn Gott will so kommen und sie so erfüllen, wie ER es will

 
Deshalb ist es ja wohl für einige in unserer Kirche so schwer zu begreifen, dass der Geist Gottes auch heute noch wirkt:
Gott kommt, wie er will - und nicht wie sie meinen.
Gottes Geist wirkt - über Gebote und Gesetze von Menschen hinaus ---  und sie meinen, sie müssten ihm vorschreiben, wie er zu wirken hat.
Aber Gott steht doch über den Gesetzen und ist größer als Vorschriften.

Und so beten sie jetzt auch hier, damit Gottes Wille sich erfüllen kann -
und der Herr auch in die Mitte ihre Gemeinschaft hinein auferstehen kann, um ihnen seinen Frieden und seinen Geist zu schenken.

 
Liebe Schwestern und Brüder,

die junge Kirche ist Gebetsgemeinschaft. Ja, ihr Kennzeichen ist Das Gebet.
Wobei Gebet jetzt sicher nicht heißt, dass da möglichst viel an Gebetspensum abgeleistet wird, dass sie Gott von morgens bis abends in den Ohren liegen, um ihm zu sagen, was er zu tun hat. Noch ein Gebet und noch einen Rosenkranz usw.

Gebet ist hier kein Pensum, keine Leistung, sondern eine Haltung: Das  Offen-sein für IHN, damit ER, Gott, mir sagen kann, was ich tun soll – und nicht umgekehrt.
Diesem Gott meine Hände und mein Herz hinhalten, damit ER mich führen und in mir wohnen kann.

Damit er mich mit seinem Geist erfüllen kann – so dass ich tatsächlich Zeugnis ablegen kann von IHM, von der Art und Weise wie er mit und für die Menschen gelebt  hat, so dass sie zum Heil finden konnten.

Zeugnis geben – nicht mit vielen und noch so frommen Worten, sondern durch mein Handeln.
Indem ich versuche, es genauso zu machen, wie der Herr es gemacht hat. 

Denn nur das ist Nachfolge. Nur das gibt Zeugnis.

 
Liebe Schwestern und Brüder,

wir befinden uns mitten in der sogenannten Pfingstnovene. In diesen neun Tagen vor Pfingsten, in denen wir besonders bewusst um den Geist Gottes beten, um den Pfingstgeist für uns und unsere ganze Kirche.

Und wie gesagt: Auch hier geht es nicht ums „besonders viel“, sondern ums „besonders offen“ – damit der Herr wirklich in uns lebendig werden kann.

 
Aber, liebe Schwestern und Brüder,

wer um Gottes Geist betet, der muss bereit sein, sich auch überraschen zu lassen.
Der muss damit rechnen, dass Gottes Geist ihn so packt und erfüllt, dass auch er Wunder wirken kann:
Mit derselben Liebe, wie Jesus es getan hat.
Mit derselben Barmherzigkeit, zu der Jesus fähig war.
Und mit derselben Macht, mit der Jesus dem Tod und all dem, was das Leben einengt, entgegen getreten ist und neues Leben möglich gemacht hat.

Damit wir nicht nur von den Wundern erzählen müssen, die es früher mal gab, sondern damit wir sie heute auch selbst vollbringen können - im Geist des Herrn und durch seinen Geist.
Denn wir sind doch Kirche und kein Verein. Kirche unseres Herrn Jesus Christus, der in ihr heute noch gegenwärtig ist und Leben schafft.

Denn sonst wären wir am Ende doch nur wie diese Christen sind, von denen der wunderbare Soeren Kierkegaard einmal gesagt hat:

„Die Christen leben wie Gänse auf einem Hof. An jedem siebten Tag wird eine Parade abgehalten, und der beredsame Gänserich steht auf dem Gatter und schnattert über die Wunder der Gänse, erzählt von den Taten der Vorfahren, die einst zu fliegen wagten und lobt die Barmherzigkeit des Schöpfers, der den Gänsen Flügel und den Instinkt zum Fliegen gab. Die Gänse sind tief gerührt, senken in Ergriffenheit die Köpfe und loben die Predigt und den beredten Gänserich.

Aber das ist auch alles. Eines tun sie nicht – sie fliegen nicht; nein, sie gehen zum Mittagsmahl.
Sie fliegen nicht, denn das Korn ist gut, und der Hof ist sicher.“ 

 
Amen

 

 

 

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