Predigt von Richard Baus zum 9. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B

Mk  2,23 - 3,6
 

Liebe Schwestern und Brüder,

„Sie gaben acht, ob Jesus den Mann am Sabbat heilen werde; sie suchten nämlich einen Grund zur Anklage gegen ihn“ - so hieß es gerade in unserem Text. 

Was hat Jesus gemacht, dass die Pharisäer ihm so ans Leder wollen?
Nun, die Antwort ist ganz klar: Für sie ist Jesus ein Störenfried.
Er hält sich nicht an die Dinge, die sie lehren, sondern er macht grade was er will. Er hält die Gebote Gottes nicht so ein, wie sie es tun, sondern er entscheidet selbst, was jetzt für ihn gut ist und was nicht.
Aber damit stört er ihre Ordnung und ihre Autorität. Und das muss aufhören!
Ja, Jesus muss weg, damit wieder Ruhe ist! Damit alles wieder geregelt läuft; nach ihren Regeln. 

Nun, man könnte ja auch fragen: Muss Jesus denn wirklich am Sabbat heilen? Hätte das nicht noch einen Tag Zeit gehabt? Der Mann war ja sicher schon länger krank; da wäre es doch auf den einen Tag nicht angekommen! Und am Tag drauf wäre ja auch alles in Ordnung gewesen. Dann war der Sabbat vorbei - und alles wäre kein Problem. 

Gewiß, so kann man denken. Und so denken halt auch sie, die Pharisäer, denen die Gesetze und Gebote so heilig sind. Denn es sind doch Gottes Gesetze und Gebote. 

Gewiß, es ist Gottes Gebot, den Sabbat heilig zu halten, denn der Sabbat gehört Gott.
Das weiß Jesus ganz genau. Das hat er von Jugend an so gelernt. Und genau deshalb geht er ja auch als frommer Jude am Sabbat in die Synagoge, um zu beten. 

Aber - und davon ist Jesus überzeugt: Dieser Mann mit der „verdorrten Hand“, dieser Mann, der sein Leben nicht mehr selbst in die Hand nehmen kann, der gehört aber auch Gott.
Und Gott will doch heiles Leben.
Was also ist da jetzt wichtiger? Ein Gesetz oder ein Mensch? 

Für die Pharisäer ist es das Gesetz; aber für Jesus der Mensch. 

Denn für ihn ist klar: Einen Menschen darf man nicht warten lassen, wenn es ums Leben und um das Heil geht. Wenn man die Macht hat, da etwas zu ändern, dann kann man nicht einfach sagen: Komm morgen wieder.
Nein, der ist jetzt dran, sofort und auf der Stelle. 

In den Augen Jesu hat der Mensch immer Priorität – auch wenn es Sabbat ist.
Denn der Mensch ist nicht für den Sabbat da, sondern der Sabbat ist für den Menschen da. Und deshalb heilt Jesus ihn, deshalb tut Jesus das, was für ihn jetzt dran ist, auch wenn er damit ein Gebot übertritt.

Ja, und dann heißt es im Text, dass „Jesus sie der Reihe nach anschaut, voll Zorn und Trauer über ihr verstocktes Herz“

Ein beeindruckendes Jesus-Bild, das das Evangelium da zeichnet. 

Ein Jesus, der zornig ist. Ein Jesus, der traurig ist. Und Jesus zeigt seinen Zorn und seine Trauer. 

 
Liebe Schwestern und Brüder,

mit diesem Jesus-Bild malt uns die Bibel wohl auch ein Gottes-Bild. 

Ein Gott, der in der Tat zornig und traurig werden kann. Einen solchen Gott mögen wir nicht so gerne. Der macht uns Angst.
Aber keine Angst, dieser Gott wird sicher nicht traurig, wenn wir sonntags mal nicht in der Kirche waren; und der wird auch sicher nicht zornig, wenn wir mal einen unkeuschen Gedanken hatten oder mal aus Angst nicht die Wahrheit gesagt haben – und was man uns da nicht sonst noch alles eingeredet hat. 

Nein, dieser Gott wird dann zornig und traurig, wenn einem Menschen Unrecht geschieht; wenn Menschen einem anderen Menschen das Heil vorenthalten oder wegnehmen, das ER ihnen doch zugedacht hatte. Wenn Menschen Ungerechtigkeit erfahren müssen, weil andere Menschen sagen: Das muss so sein. Wir haben ein Gesetz. 

 
Liebe Schwestern und Brüder,

in diesem Jesus zeigt sich dieser Gott, der -wie es das Buch Exodus berichtet- die Klageschreie seines Volkes hört und der ihr Leid sieht (Ex 3, 7 Dornbuscherzählung) – und der darüber zornig und traurig wird. --- Und der dann in der Tat aufsteht und Recht schafft. 

Und das macht Jesus an dieser Stelle: Er schafft Recht – indem er den Mann vom Rand, wohin ihn die frommen Pharisäer wohl abgedrängt hatten, wegholt und in die Mitte stellt. In die Mitte seines Interesses, in die Mitte dieser Versammlung in der Synagoge und ihn heilt – so dass er sein Leben wieder selbst in die Hand nehmen kann. 

Jesus ist zornig, weil die, die da so fromm und gottesfürchtig sind, in ihrem Herzen zwar ganz viel Platz haben für Gesetze und Gebote, aber keinen Platz für Menschlichkeit. Viel Platz für Kontrolle und für‘s Aufpassen, damit auch alles richtig gemacht wird, aber keinen Platz für Mitleid und Erbarmen. 

Aber all das, was ihnen fehlt, das besitzt Jesus in großen Maß -
und deshalb lässt er sich nicht von Vorschriften aufhalten, wenn er Leben retten und einen Menschen heilen kann, sondern er folgt seinem Herzen. 

Aber, wie gesagt, damit ist Jesus ein Störenfried. Und deshalb muss er weg.

 
Liebe Schwestern und Brüder,

Störenfriede gibt es auch heute, und, Gott sei Dank, auch in unserer Kirche. Denn auch unsere Kirche braucht Störenfriede. Machmal kann das auch ein Papst sein.
Störenfriede sind Menschen, die sich nicht damit zufrieden geben, nur das zu denken, was andere ihnen vorschreiben oder erlauben zu denken, sondern die selbst denken, und die selbst entscheiden, was jetzt für sie gut und richtig ist - und die das, was ihnen ihr Herz und ihr Gewissen sagt, dann auch tun. 

Menschen wie dieser Jesus,
der heilt, auch wenn es Sabbat ist -- weil es hier um mehr geht als um ein Gesetz, nämlich um einen Menschen.
Und der sich das traut, weil er der Stimme seines Herzens mehr gehorcht als einem Gesetz,
denn er weiß: In seinem Herzen wohnt Gott. 

Amen 

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