Predigt von Richard Baus zum Fest der Hl. Familie, Lesejahr B

Lk 2,22.39-40  Kol 3,12-21
 

Liebe Schwestern und Brüder,

wenn man bedenkt, wie alt unsere Kirche schon ist, dann ist das Fest der Hl. Familie ist ein recht „neues“ Fest. Es wird erst seit dem Jahr 1920 offiziell gefeiert.
Damals änderten sich die Familienformen: Aus der Großfamilie, in der mehrere Generationen unter einem Dach lebten, entwickelte sich langsam die Kleinfamilie, die aus Vater, Mutter und den Kindern bestand.
Um für diese neue Familienform ein Vorbild zu haben, rückte man die sogenannte „Hl. Familie“ aus Nazareth in den Blickpunkt. Auch sie ist ja eine „Kleinfamilie“.

In dieser Zeit entstanden viele Gemälde, die lange Jahre die Wohnungen unserer Familien schmückten; Bilder, die den Hl. Josef bei seiner Arbeit in der Schreiner-Werkstatt zeigten, da saß Maria am Spinnrad und spann Wolle; und zwischendrin spielte der kleine Jesus-Knabe.
Alles sehr traut, friedvoll und lieblich - in viel Himmelbau und Rosa.
Ein Ideal, dem die Menschen damals nachfolgen sollten; so sollten auch die „modernen“ Familien miteinander leben.

Ideale helfen aber nur sehr selten beim wirklichen Leben, denn die Ideale gibt es meist gar nicht in der Wirklichkeit - und auch sicher nicht in Nazaret. 

Was also ist es dann, was wir von dieser „Hl. Familie“ von Betlehem lernen können?
Nun, im Evangelium gab es einen kleinen Satz, der uns vielleicht auf die Spur bringen könnte. Da hieß es: Das Kind wuchs und wurde kräftig, Gott erfüllte es mit Weisheit, und seine Gnade ruhte auf ihm.

 
Liebe Schwestern und Brüder,

in diesem Satz klingt für mich mit, dass dieses Jesus-Kind wohl so aufwachsen konnte, dass all das, was Gott in dieses Kind hineingelegt hat, groß werden konnte. Da kann ein Mensch so heranwachsen, dass in ihm das zum Tragen kommt, was Gottes Plan mit diesem Menschen war. Dass da ein Kind am Ende nicht das Produkt und nicht die Erfüllung der Wünsche von Menschen ist, sondern dass sich in ihm die Träume Gottes erfüllen können. Dass es ein Gottes-Kind ist. 

Wenn wir etwas von dieser Hl. Familie lernen können, dann ist es vielleicht das: Dass hier einer dem anderen dabei hilft, zur eigenen Entfaltung zu kommen, zum eigenen, glücklichen Leben.
Wie geht das? Leider wissen wir nicht, wie die Hl. Familie das in Nazareth gemacht hat, denn davon berichtet die Bibel überhaupt nichts. 

Aber vielleicht kann uns Paulus auf die Sprünge helfen mit der Lesung, die wir gerade gehört haben. Da wo er den Leuten in Kolossä schreibt, sie sollen einander lieben. Sie sollen gütig und barmherzig miteinander umgehen - und einander vergeben, weil auch Christus uns immer wieder vergibt.

In diesem Paulus-Brief stehen zwar ein paar Sachen, die unseren heutigen Ohren weh tun, weil sie ein Rollenbild für Frauen und Kinder beschreiben, das wir heute nicht mehr so stehen lassen können: Dass Frauen sich ihren Männern unterordnen sollen. Oder dass Kinder fraglos zu gehorchen haben.
Aber das war das damalige Familienmodell - zur Zeit des Paulus.
Und da ist ja nun mal die Zeit drüber gegangen. Paulus könnte und er würde das heute auch sicher nicht mehr so schreiben. Keine Frage.

Aber da mittendrin gibt es aber noch einen Satz, der mir sehr wertvoll ist – und der sicher heute noch genau so modern ist wie er es damals war: Da fordert Paulus die Männer auf, nicht aufgebracht gegenüber ihren Frauen zu sein, sondern sie zu lieben - und ihre Kinder nicht zu unterdrücken, damit sie nicht mutlos werden.
 

Liebe Schwestern und Brüder,

nicht aufgebracht sein, sondern lieben;
niemanden unterdrücken, damit er den Mut nicht verliert, seinen Lebensmut nicht verliert.
Einem anderen durch sein Verhalten das Leben nicht „zu nehmen“, sondern im Gegenteil, ihm dabei zu helfen, zu seinem eigenen Leben zu finden - mit Rat und Tat:
Die Männern sollen ihren Frauen dabei helfen und die Frauen ihren Männern - die Eltern den Kindern - und umgekehrt. Welch großartiges Konzept!

„Belehrt und ermahnt einander dazu in aller Weisheit“, schreibt Paulus da. Und  das heißt wohl: Redet miteinander! Brecht die Beziehungen nicht ab, wenn es kriselt, sondern bleibt im Gespräch. 
Macht niemanden „platt“, nur damit ihr Recht behaltet, sondern ertragt euch auch mal, wenn es sein muss. Haltet Euch gegenseitig aus – und dann vergebt einander, wenn was schief gelaufen ist.

Denn Gott erträgt euch doch auch… Gott ist doch auch nicht dauernd hinter euch her und macht euch doch auch nicht dauernd Vorschriften, sondern er lässt euch leben, euer Leben leben.

Und wenn in eurem Leben etwas schief gelaufen ist, dann verzeiht er doch auch und schenkt euch einen neuen Anfang.
Ein Konzept für eine Familie, für eine „heilige“ Familie – deren „Heiligkeit“ nicht darin besteht, dass man dauernd betet oder so was, sondern darin, dass man für einander da ist - und sich gegenseitig beim Leben hilft. So dass das zum Leben kommen kann, was Gott in einen hineingelegt hat - in einen Vater, in eine Mutter - und in ein Kind.

Und was für eine Familie gilt, das gilt auch für andere Lebensformen und auch für eine Ordensfamilie: So zu leben, dass ich niemanden unterdrücke. Mit anderen so umzugehen, dass keiner durch mich den Lebensmut verliert.

Und wo ich der mehr oder weniger „angeblich“ Stärkere bin, diese Stärke nicht nutzen, um gegen andere aufgebracht zu sein und ihnen meinen Willen aufzuzwingen, sondern um ihnen beizustehen - in Liebe - , damit sie ihren eigenen Willen leben können - und zum eigenen Leben finden -- mit all dem, was Gott in sie hineingelegt hat.
Hilfe zu Leben sein, zum eigenen und selbstbestimmten Leben. 

Die Hl. Familie - das sind nicht nur Jesus, Maria und Josef, sondern dass sind wir alle.
Wir sind Gottes große Familie - wir sind seine auserwählten Heilgen,
die Menschen, die er liebt ohne Ende und denen er immer wieder ihre Schuld vergibt.
Die auserwählten Heiligen, die etwas von Gott lernen dürfen: Nämlich seinen guten und liebevollen Umgang mit uns - damit wir dann ebenso miteinander umgehen, 

damit man IHN an uns erkennen kann.
 

Amen

 

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