Predigt von Richard Baus zum Gründonnerstag, Lesejahr B

1 Kor 11,3-26; Joh 13,1-15

  
Liebe Schwestern und Brüder,

unlängst las ich irgendwo: Fragt man einen Moslem, wo sein Gott wohnt, so wird er zum Himmel zeigen und sagen: Dort wohnt Gott. Fragt man einen Hindu, so wird er auf die Erde zeigen, auf die Tiere und die Blumen und sagen: Hier überall wohnt Gott. Fragt man einen Buddhisten, so wird er auf einen Mönch zeigen, der in Versenkung dasitzt und sagen: Dort ist Gott.

Fragt man einen Christen, so zeigt er seit der Stunde des Abendmahls auf ein Stück Brot und einen Becher Wein und sagt: Da ist Gott.
Aber er meint damit auch den Himmel und die Erde, die Feier, sich selbst und die Menschen, die sich mit ihm versammelt haben, um das zu tun, was Jesus Christus ihnen aufgetragen hat.
Das Brot und der Wein als Ort, als Sakrament der Gegenwart des Herrn. Das Brot, in dem ER uns „Kumpan“ sein will.

  
Aber, liebe Schwestern und Brüder,

vielleicht haben Sie sich auch gewundert, dass der Evangelist Johannes überhaupt nichts von Brot und Wein erzählt, nichts von Leib und Blut, sondern er spricht vom Waschen der Füße.
Und wenn wir nicht das Zeugnis des Paulus hätten und nicht die anderen Evangelien, dann würden wir uns hier vielleicht gar nicht zum Brechen des Brotes versammeln, sondern zum Waschen der Füße, zum Dienen.

Eigentlich ein faszinierender Gedanke. Und wer weiß, vielleicht wären wir dann dem Geheimnis der Liebe Gottes noch ein Stück näher als bei so mancher Feier, in der die Feierlichkeit und das „Drumherum“ in der Liturgie uns wichtiger geworden sind als das Wunder, das da geschieht:
Dass da nämlich ein Meister seinen Jüngern die Füße wäscht, ein Rabbi seinen Schülern, ein Gott seinen Geschöpfen. Ist das nicht in der Tat un-glaublich?!

Mir scheint, dass Petrus der Einzige ist, der das begreift: Niemals sollst du mir die Füße waschen! so ruft er aus, als Jesus mit der Schüssel auf ihn zukommt.

Diese Reaktion - das ist mehr als Höflichkeit, das ist mehr als sich ein bisschen zu „zieren“; nein, da ist etwas von dem Schrecken zu spüren über das, was da geschieht:
Dass hier die Verhältnisse auf den Kopf gestellt werden, genau ver-kehrt werden: Der Höchste dient dem Geringsten, der Herr dem Diener, Gott dient dem Menschen.....
Denn ist Gottes-Dienst für uns nicht etwas anderes, genau das Gegenteil: dass wir Menschen uns doch vor Gott in den Staub werden müssen. Dass wir doch Gott dienen müssen. Wir müssen alles für ihn tun.

Und hier zeigt Jesus uns Gottes Dienst so ganz anders, ganz neu: Bei ihm heißt Gottesdienst: Gott dient uns.
Gott dient dem Menschen.
Noch bevor wir irgendetwas für ihn tun können, hat er längst schon alles für uns getan. Bevor wir Gott lieben können, hat er uns schon geliebt, noch bevor wir da waren, noch bevor wir ihn überhaupt kennengelernt haben. Gott dient uns. Das ist Gottes Dienst an uns Menschen.

Und genau das will uns Jesus mit der Fußwaschung zeigen. „Wenn ich dich nicht wasche, dann hast du keine Gemeinschaft mit mir.“ so sagt Jesus. Und das heißt, wenn ich dir nicht dienen darf, wenn ich nichts für dich tun darf, dann gehörst du nicht zu mir. Denn dann weißt du gar nicht, wie sich das anfühlt, wenn Gott dir dienen kann....

Und wie schwer fällt es uns, uns etwas schenken zu lassen, ohne gleich dafür bezahlen zu wollen; wie schwer fällt es uns, Gott an uns handeln zu lassen -- weil wir doch immer noch meinen, wir müssten doch erst mal was für Gott tun, bevor er was für uns tut … wir müssten uns seine Liebe doch erst mal verdienen....
Aber was wäre das für ein trauriger Gott, der uns nur so viel Liebe schenken würde, wie wir uns verdient hätten; der nur dann zu uns freundlich wäre, wenn wir uns vorher genug müde gemacht hätten?

Nein, Jesus malt uns ein anderes Bild von Gott. Viele andere Bilder. Und die erzählen eben so ganz andere Geschichte als wir sie so im Kopf haben.
Jesus erzählt vom Vater, der seinem zurückkehrenden Sohn entgegenläuft und in die Arme schließt; vom Hirten, der 99 Schafe in der Wüste zurücklässt, um das eine zu suchen, das sich verirrt hat, damit es nicht umkommt.

Vom Himmel, in dem mehr Freude herrscht über einen Sünder, der sich von Gott finden und die Arme nehmen läßt, als über 99 Gerechte, die das nicht nötig haben.

 
Liebe Schwestern und Brüder,

Gott läuft uns nach. Er macht sich auf die Suche nach uns. Und er freut sich, wenn wir uns von ihm finden lassen.
Das ist der wahre Gottesdienst, Gottes Dienst an uns.

Und ich denke, deshalb muss auch unser Gottesdienst so aussehen wie der des Herrn: Es muss ein Dienst sein, der sich auf die Menschen bezieht. „Ich habe euch die Füße gewaschen und so sollt auch ihr einander die Füße waschen, sagt Jesus. Ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit auch ihr tut, was
ich euch getan habe!

Wir sollen nicht Gott die Füße waschen, sondern unseren Mitmenschen. Wenn wir Gott etwas Gutes tun wollen, dann müssen wir mit den Menschen gut umgehen. Und wenn wir mit Gott Frieden haben wollen, dann müssen wir mit den Menschen, mit den Nachbarn, mit den Verwandten Frieden schließen, denn der Maßstab für unseren Gottesdienst ist der Dienst an den Menschen, mit denen wir umgehen und mit denen wir leben.
Alles andere ist frommes Getue und Selbstzweck, aus dem wir die Angst vor Gott herauslesen können, aber nicht die Liebe zu ihm.

Deshalb lädt uns heute Abend Jesus ein: Wir sollen uns mit in den Kreis setzen, damit er uns die Füße waschen kann; damit er uns seine Liebe zeigen kann und damit wir uns ein Beispiel dran nehmen.

Und das einzige, das wir Gott wirklich schenken können, das ist die Zeit, die wir für ihn haben; die Zeit, uns hinzusetzen, ihm unsere müden Füße hinzuhalten, ihm unser erschöpftes und verwundetes Leben mit all unserer Schuld und unseren Gebrochenheiten hinzuhalten,
damit er uns heilen und erlösen kann;
damit er uns Gutes tun kann, so viel Gutes, dass er uns drängt, diese Liebe und Güte
weiterzuschenken.

 
Amen

 

Einführung Gründonnerstag:

Liebe Schwestern und Brüder,

im Mittelpunkt der Feier vom letzten Abendmahl steht das Symbol des Brotes, das der Herr mit seinen Jüngern teilt.
Es gibt im Deutschen das Wort „Kumpan“ (Kumpel). Damit bezeichnen wir einen Menschen, der mir im Alltag verbunden ist, der die gleichen Erfahrungen macht, die gleiche schwere Arbeit zu leisten hat,
der mit mir so vieles teilt, was der Tag bringt. Das Wort kommt aus dem Lateinischen (conpanis)
und bedeutet also ein Mensch, der mit mir durch das tägliche Brot verbunden ist oder, um es noch wesentlicher zu sagen:
Er ist Mit-Brot, er ist mir Brot, ich bin ihm Brot.
Wir sind einander „Kumpane“, Menschen, die einander Brot sind,
die einander in Glaube, Hoffnung und Liebe nötig haben wie das tägliche Brot.
Wir sind das füreinander,
weil Jesus Christus unser „Kumpan“ ist,
der mit uns unser Leben teilt,
der uns sein Leben mitteilt - im Brot.
Grüßen wir den Herrn, unseren „Kumpan“ mitten unter uns -
damit er mit uns sein Brot teilen kann.

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