Predigt von Richard Baus zur Osternacht, Lesejahr B

Osternacht 2018 Mk 16,1-8


Liebe Schwestern und Brüder,

auf den ersten Blick erscheint das Osterevangelium wenig österlich. Kein Oster-Halleluja, keine Freude – aber ganz viel Furcht und Erschrecken. Diese drei Frauen dort sind auf dem Weg zum Grab, wie unsereins zum Friedhof geht. Sie bringen Salben und Balsam mit, wie wir einen Kranz oder ein paar Schnittblumen mitnehmen. Ein Gang zum Friedhof ist alles andere als ein Osterspaziergang.

Ja, für die Frauen ist nicht Ostern, sondern immer noch Karfreitag. Denn mit Jesus haben sie ihre letzten Hoffnungen zu Grabe getragen. Der Herr ist tot; die Geschichte mit ihm ist aus. Was bleibt ihnen da noch in ihrer Ratlosigkeit?

Liebe Schwestern und Brüder,
gibt es nicht in der Tat viel mehr Karfreitag, vielmehr Karfreitags-Erfahrungen in unserem Leben als Oster-Erfahrungen: Krankheit und Tod, Zusammenbrüche, gescheiterte Beziehungen. Da erfahren Menschen Arbeitslosigkeit, Ärger und Streit. Dazu noch Kriege, Katastrophen und was uns da nicht noch alles Angst macht. So vieles beginnen wir mit ganz viel gutem Willen und dann kommt es so ganz anders: Ein paar menschliche Fehlleistungen und Schwächen in Verbindung mit unglücklichen Umständen – und schon ist es da, das Unheil, der Karfreitag Und wir hatten es uns doch so gewünscht, wir hatten so gehofft – und dann nichts!

»Wir aber hatten gehofft…«, so werden am Ostermontag die Emmaus-Jünger sagen die sich aus dem Staub gemacht haben, weil sie es nicht mehr aushalten können. Ist das nicht wirklich zum Weglaufen: Diese Welt und diese Menschheit, die eigentlich alles dafür tut, dass sie aus ihren Karfreitagen gar nicht herauskommt.

Und man fragt sich, ob wir nicht von vornherein auf diese Rolle festgelegt sind, Karfreitage zu erleben – und selbst Karfreitagsleiden hervorzubringen.

Aber, liebe Schwestern und Brüder, wir sind nicht darauf festgelegt. Gott sei Dank erzählt uns die Ostergeschichte auch noch von einer anderen Rolle: Die Rolle, die diese Frauen da auf sich nehmen. In keinem Evangelium fehlen sie; alle Ostererzählungen kennen sie.

Und schon ganz frühe Oster-Ikonen haben dieses Motiv übernommen und sie malen diese Frauen mit ihren Salbgefäßen in der Hand. Sie sind früh dran, „in aller Frühe, als eben die Sonne aufging“, so heißt es in unserem Text. Viel können sie nicht mehr tun, das wissen sie. Dieser Jesus ist tot. Da ist alles aus und vorbei. Aber sie sind in Sorge um die würdige Bestattung des geschundenen Leichnams eines lieben Menschen. Auch wenn er tot ist, so ist doch ihre Liebe noch lebendig. Und sie wissen: Hier sind sie gefragt; hier müssen sie einspringen, weil sonst niemand da ist. Hier ist ihr Platz. Und da müssen sie etwas tun! Und genau in dieser Sorge, liebe Schwestern und Brüder, sind sie an diesem Ostermorgen so wichtig für uns: Denn in ihrer Sorge um diesen Toten, da treffen wir sie an bei einem Werk der Barmherzigkeit, bei einem Liebesdienst – und da sind sie mitten drin in der Nachfolge dessen, den sie da noch einmal besuchen wollen.

Denn nicht zuletzt wird ER es wohl gewesen sein, der ihnen diese Liebe und Sorge um den Menschen ins Herz gelegt hat. Dieser Herr, der ihnen in seinen Lebzeiten gezeigt hat, wie liebevoll man auch mit den Schwachen und Kleinen umgegangen kann. Wie Kranke plötzlich wieder gesund werden können, wenn man sie nur heilvoll und heilsam genug behandelt. Und dass selbst schuldig geworden, selbst Sünder, wieder neu anfangen können, wenn man nicht gleich mit Steinen auf sie wirft, sondern wenn man sich schützend vor sie stellt. Ja, diese Frauen haben wohl gelernt, gelernt von ihrem Herrn und Meister, wieviel Wunder die Liebe wirkt.

Liebe Gottesdienstgemeinde,
in der Deutung der frühen Kirche stehen diese Frauen für den wachen Sinn der Kirche. Dieser wache Sinn kommt aus der liebenden Sorge um einen Menschen, aus der Sorge eines sozialen Dienstes,
aus der Sorge um die Caritas. Um die Nächstenliebe.

Und das Evangelium will uns sagen: Wo diese Liebe einen Platz hat, da ist noch nicht alles aus und vorbei – auch wenn es im Moment so aussieht. Wo diese Liebe noch lebendig ist, da können noch Wunder geschehen. Und dieser barmherzige, soziale Dienst, dieser wache Sinn für das Notwendige, diese Liebe, wird reich belohnt. Ja, er wird von Gott belohnt und beschenkt mit der überraschenden Erfahrung von etwas ganz Neuem: mit der Erfahrung des Lebens - mitten im Tod – eben mit Ostern.

Liebe Schwestern und Brüder,
Gott hat den, der so liebevoll mit den Menschen umgegangen ist, auferweckt von den Toten. Gott hat den, der sich in seinem Leben so für das Leben eingesetzt hat, wieder mit dem Leben beschenkt, mit einem Leben, das kein Ende mehr haben wird. Denn nichts von dem, was ein Mensch einem anderen an Gutem getan hat – aus Liebe-, wird verlorengehen. Sondern all das nimmt Gott in seine Hände und schenkt ihm Ewigkeit. Neues Leben.

Liebe Schwestern und Brüder,
eine Kirche mit einem wachen Sinn für die Dinge, die notwendig sind – dafür stehen diese Frauen – und eine solche Kirche will Gott. Eine Kirche mit dem Gespür dafür, was getan werden muss, um Menschen zu helfen und zu heilen, um eine ganze Welt zu verändern, um dem Leben zu einem Sieg über den Tod zu verhelfen ---- damit wir eben nicht bei den Karfreitagen in unserer Welt stehen bleiben müssen, sondern auch die Erfahrung von Ostern machen können, die Erfahrung vom Leben. Gott sucht Männer und Frauen, Väter und Mütter, die einen Blick und ein Gespür für die Not haben – und dann das tun,
was Not wendet.

Gott will Menschen wie einen Bruder Jakobus und eine Mutter Rosa – Menschen, die nicht resignierend die Hände in den Schoß legen und sagen: Da ist nichts mehr zu machen – sondern die sich aufmachen – mit ihren Salbtöpfen – um bei diesem wunderschönen Bild zu bleiben – um noch irgendwas zu tun, --- um das zu tun, was sie können ----- damit eben niemand an den Rand gedrängt wird, nur weil er klein oder schwach ist. Damit niemand alleingelassen wird ist, weil er krank ist, alt oder nicht erfolgreich genug. Damit niemand verloren geht, auch wenn er etwas falsch gemacht hat und gescheitert ist. Damit die Karfreitage weniger werden.

Ja, Gott braucht einzelne Menschen, aber auch Familien und Gemeinschaften, bei denen dieser wache Sinn zu finden ist – und die dann fähig sind zu Vergebung und Friedfertigkeit, zu Liebe und Toleranz, und die den Mut haben zu neuen Anfängen und ungewohntem Tun.… weil nur damit eine neue Welt beginnt, eine österliche Welt. Eine Welt, in der das Leben stärker ist als der Karfreitag, stärker als der Tod.

»Manchmal feiern wir mitten im Tag ein Fest der Auferstehung«, so heißt es in einem neueren geistlichen Lied. »Manchmal feiern wir mitten im Streit… – und mitten im Tod ein Fest der  uferstehung«, so heißt es weiter. Mitten drin, wenn eigentlich keiner es erwartet. Das geschieht immer dann, wenn Menschen nicht in die alten Muster zurückfallen wie »Auge um Auge, Zahn um Zahn« und wo sie nicht mehr sagen „Da ist nichts mehr zu machen“, sondern wo sie es mit einem »wachen Sinn für das Leben« aufbrechen und noch etwas machen, eben das, was sie können
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denn da kann etwas Neues möglich werden, zu Hause in der Familie, an unseren Arbeitsplätzen, im Freundeskreis. Und wo das geschieht, wo Menschen das riskieren, da werden sie beschenkt, von Gott geschenkt, mit der Erfahrung eines neuen Lebens, mit der Erfahrung von Ostern.

Das wünsche ich uns allen heute: den Mut zu einem wachen Sinn – mitten in unserer Kirche und mitten in unserer Welt – und den Mut zu einem neuen, nämlich einem sorgenden Handeln. Damit Ostern nicht nur ein Fest bleibt, das wir feiern- alle Jahre wieder-, weil es im Kalender steht, sondern weil wir Ostern brauchen – und weil Gott uns dieses Fest schenkt -- zum Leben.

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