Predigt von Richard Baus zum 6. Ostersonntag, Lesejahr B

Apg 10,25-26.34-35.44-48

  
Liebe Schwestern und Brüder,

bei meiner Meditation der Lesungstexte zum heutigen Sonntag bin ich an der Lesung aus der Apostelgeschichte hängen geblieben. Ich muss gestehen, dass ich diese Erzählungen vom Beginn unserer Kirche ziemlich spannend finde – denn dort passieren ja wirklich Wunder.

Schauen wir noch einmal hin: Da begibt sich Petrus in das Haus des Hauptmanns Kornelius. Und mit ihm kommen „gläubig gewordene Juden“, so wie es da hieß.
Kornelius ist Heide. Dass Petrus das Haus eines Heiden betritt, ist schon mal das erste Wunder, denn Juden tun so etwas nicht. Das Haus eines Heiden zu betreten, das hieß für Juden: Du machst Dich unrein. Das ist eine Sünde. Und deshalb war das verboten.

Dass Petrus das trotzdem tut, weist ihn als Christ aus. Dieses Verbot gilt für ihn nicht mehr. Für ihn gibt es keine religiösen Grenzen mehr.
Denn er weiß: Gott ist der Gott aller Menschen. Und das Heil dieses Gottes, das in Jesus Christus in der Welt erschienen ist, macht nicht an der Tür eines Heiden halt. 
Anscheinend wird das diesem Petrus aber auch erst so richtig klar, indem er es tut, indem auch er diese Grenze übertritt. Denn weshalb sollte er sagen: „Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht auf die Person sieht, sondern das ihm jedes Volk willkommen ist“.
   

Liebe Schwestern und Brüder,

wieder so etwas Wunderbares: Da begegnet uns ein Petrus, der lernfähig ist. Ein Petrus, der nicht stehenbleibt bei dem, was er bis jetzt gelernt hat, sondern der auch weiter noch Neues entdecken kann.
Und der das auch zulässt in seinem Kopf – und der deshalb weiter neue Schritte gehen kann. 

Und wenn hier von Petrus die Rede ist, dann ist dort auch von unserer Kirche die Rede. Denn auf Petrus ist sie ja gebaut, wie wir in den Evangelien lesen können: „Du bist Petrus, der Fels“.
Spannend: Eine Kirche, die Neues für sich entdeckt – und das auch verkündet.
Und die Atmosphäre, die Petrus das möglich macht, ist anscheinend so offen, dass Gottes Geist auf alle herabkommen kann, die die Worte des Petrus hören.
  

Liebe Schwestern und Brüder,

das nächste Wunder: So wie am Pfingsttag Gottes Geist auf diese kleine Gemeinde in Jerusalem herabgekommen ist, so kommt Gottes Geist nun auf diese Heiden herab.
Auch wieder spannend: Nicht, weil diese Heiden sich das erbeten hätten, sondern einfach so – als Geschenk Gottes. Geschenk.
Ja, Gott schenkt. Gott muss man nicht bitten und bei ihm muss man nicht betteln, sondern er schenkt. Aber er lässt sich auch nicht vorschreiben, wo er zu schenken hat, sondern er tut es einfach wie und wo er will.
Und so gießt er seinen Geist auch über diese Heiden aus, so dass auch sie in Zungen reden und Gott preisen können – zur großen Überraschung der gläubig gewordenen Juden, die da mit Petrus gekommen sind.

Sie sind fassungslos, so steht es dort. Fassungslos, denn eigentlich dürfte so was ihrer Meinung nach doch nicht passieren. Gottes Geist für die Heiden?
Für die Juden, die jetzt Christen geworden waren, ja.
Aber doch nicht für Heiden!

Und wieder muss Petrus einschreiten und klären. Und er tut es mit dieser wunder-schönen Frage: Kann jemand denen das Wasser der Taufe vorenthalten, die ebenso wie wir den Heiligen Geist empfangen haben? Eine Frage, auf die es gar keine andere Antwort geben kann als NEIN. Nein, das kann ihnen niemand vorenthalten.
Und so ordnet Petrus an, dass diese Heiden getauft werden und zu Christen werden – so wie Petrus und die, die mit ihm gekommen sind.

  
Liebe Schwestern und Brüder,

was für mich hier wieder spannend ist, ist die Tatsache, dass Petrus anscheinend gar nicht so viel „Arbeit“ mit diesen Heiden hat, die zum Christentum hinzukommen wollen, sondern viel mehr mit denen, die schon Christen sind, mit den Juden-Christen.
Die sind fassungslos. Die können es nicht glauben, dass Gott seinen Geist über Heiden ausgießt. Ja, in ihren Köpfen gibt es anscheinend doch noch diese Grenze, die es für Gott überhaupt nicht gibt: Juden ja, aber Heiden nein! Und deshalb sind sie gar nicht begeistert davon.
Wie gesagt: Petrus muss ihnen erst eine Katechese halten mit seiner Frage und sie überzeugen. Er muss ihnen mutig vorangehen, damit sie ihm dann folgen können.

In einem Kommentar, den ich zu dieser Bibelstelle gelesen habe, steht für diese Judenchristen, die mit Petrus aus Joppe gekommen waren, das Wort „Alt-Christen“. Christen, die also schon länger dazugehören – im Vergleich zu diesen „Neu-Christen“, die jetzt erst dazu kommen.

Alt-Christen, die schon so ihre Vorstellungen und Meinungen haben vom Christ-Sein haben;
Vorstellungen und Meinungen, die es unter Umständen Neu-Christen schwer machen, dazu kommen zu können – auf neuen Wegen und aus anderen Zusammenhängen, die den Alt-Christen eher verdächtig sind.

Alt-Christen, denen Petrus mit seiner ganzen Autorität als „Fels“ erst einmal vorangehen muss, damit sie überhaupt mitkommen mit dem, was Gott will ---- und nicht steckenbleiben in ihrer Fassungslosigkeit und ihren „alten“ Vorstellungen.

   
Liebe Schwestern und Brüder,

ich denke, hier ist der Punkt, an dem diese Lesung aus der Apostelgeschichte auch uns angeht – uns, die wir ja heute die „Alt-Christen“ sind:

Da ist die Frage, ob uns noch bewusst ist, dass Kirche doch von Anfang an darauf angelegt ist, zu „missionieren“ d.h. Grenzen zu überschreiten und Grenzen zu durchbrechen – damit MEHR möglich wird?
Grenzen – nicht nur nach außen hin, sondern auch nach innen.

Die Frage, ob wir im Hinterkopf haben, dass Gott doch sicher auch heute noch seinen Geist ausgießt, um in der Kirche und für die Kirche neue Wege möglich zu machen? Neue Christen hinzugewinnen – auch solche, die wir vielleicht als „Heiden“ ansehen würden, oder als „Sünder“ – oder sonst was, womit wir nicht so gerne zu tun haben wollen.
Denn, so hat es uns die Lesung gezeigt: Gott schaut nicht auf die Person, sondern ihm  ist jeder willkommen, der ihn fürchtet. Und d.h. doch wohl: Jeder, der ihn sucht. Jeder, dem Gott wichtig ist, so wichtig, dass man zu ihm gehören will.

Und nicht zuletzt die Frage, ob wir uns als Kirche bewusst sind, dass es vielleicht gar nicht das Ziel Gottes ist, dass in der Kirche alles so bleibt, wie es seit Jahrhunderten gewesen ist, sondern dass er will, dass sich vielleicht sogar ganz viel verändert und ganz viel bewegt? – Damit wir eben nicht immer nur unter uns „Alt-Christen“ bleiben und meinen, das wäre es schon. Sondern uns öffnen für andere und anderes, für dieses MEHR Gottes, das nur ER schenken kann --- was uns aber vielleicht ganz und gar fassungslos macht – weil wir auch meinen, das dürfe doch gar nicht sein…

Gut, wenn es dann auch heute für uns als Kirche so einen Petrus gibt wie damals den in Cäsarea.
Einen Petrus, der den Gläubigen, vor allem den „Alt-Gläubigen“ mutig den Weg vorangeht - und Neuland betritt.

Einen Petrus, der auf die Fragen der Zeit auch mal ungewöhnliche Antworten geben kann. Antworten, die vielleicht tatsächlich „fassungslos“ machen, weil man so was von ihm nicht erwartet hätte - aber was die Grenzen öffnet für Neues.

Und der seine Herde, die Kirche, wie der Gute Hirte in die Weite führt, dorthin, wo Leben möglich ist.
Leben in der weiten und großen Liebe Gottes.

Und solch einen Petrus brauchen wir nicht nur in Rom und nicht nur in Trier, sondern sicher auch hier bei uns.
Und dann ist es ein Segen, wenn wir einander Petrus oder auch Petra sind - damit wir nicht auf der Stelle treten, sondern Neuland betreten.

 Amen

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