Predigt von Richard Baus zum 31. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C

Lk 19,1-10

 
»Noch ehe der Mensch nach Gott verlangt, verlangt Gott nach den Menschen«, schreibt Johannes vom Kreuz. 

Liebe Schwestern und Brüder,

diesen Satz könnte man über das heutige Evangelium schreiben.
Denn da ist ein Mensch, der nach Gott verlangt: Zachäus.

Zachäus wird als „Sünder“ in diese Geschichte eingeführt.
Zumindest sehen ihn so seine Landsleute. Denn als oberster Zollpächter arbeitet er, obwohl er selbst Jude ist, auf der Seite der Römer gegen die Juden. Und die kleine Notiz „er war sehr reich“ lässt darauf schließen, dass er seinen Reichtum sicher nicht auf die „feine Art“ erworben hat, sondern dass er seine Machtposition als Zöllner missbraucht hat, um an Geld zu kommen.
Kein Wunder, dass er nicht wirklich beliebt ist bei seinen Landsleuten.
Und der Besuch Jesu ist eine gute Gelegenheit, es ihm zu zeigen. Als er Jesus sehen will, stellen sein Landsleute sich ihm einfach vor die Nase und nehmen ihm die Sicht – denn er war ja klein von Gestalt.

Aber, liebe Schwestern und Brüder, diese Geschichte erzählt uns ja nicht nur von äußeren Gegebenheiten, sondern auch von inneren. Denn die Bibel ist ja kein Märchenbuch, sondern ein Lebensbuch. Und das erzählt von Menschen und von Gott – und von der Liebe dieses Gottes zu den Menschen.

Daher ist da wieder ein Wort wichtig, das da aufgeschrieben ist. Vielleicht erinnern Sie sich. Da hieß es: Zachäus wollte gerne sehen, wer dieser Jesus sei. Im griechischen Text steht: Zachäus suchte Jesus zu sehen.

 
Liebe Schwestern und Brüder,

ein spannendes Wort: Zachäus sucht Jesus zu sehen. Theologisch gesehen heißt das: Ein Sünder sucht das Heil zu sehen.
Und wir dürfen sicher sein: Wenn ein Sünder von sich aus das Heil sucht, dann „dreht Gott quasi durch“ vor Freude. Denn noch ehe der Mensch nach Gott sucht, hat Gott schon längst nach dem Menschen gesucht. Wenn hier ein Mensch das Heil sucht, dann wird Gott alles dafür tun, damit der Mensch es auch findet.

 
Ja, Sie haben richtig gehört, liebe Schwestern und Brüder,

nicht der Mensch muss nun alles tun, damit das auch gelingt, sondern Gott tut dann alles.
Und deshalb ist nun auch Jesus in unserer Geschichte der, der alles tut, damit Zachäus ihm begegnen kann:
Jesus ist es, der an diesen Baum stehen bleibt, auf den Zachäus sich „verstiegen“ hat.
Jesus ist es, der hinaufschaut und Zachäus dort sitzen sieht.

Und hier zeichnet sich wohl das erste „Wunder“ in dieser Geschichte ab: Jesus sieht Zachäus und er schaut zu ihm hinauf.
Jesus sieht ihn, den die anderen so gerne übersehen, weil er für sie nur ein Sünder ist.
Und indem er Zachäus sieht, an-sieht, schenkt er ihm An-Sehen, neues Ansehen. Für Jesus ist er mehr als nur ein Sünder, für Jesus ist er vor allem ein Suchender, ein Heils-Sucher.
Und mehr noch: Jesus schaut zu ihm auf. Er schaut zu dem auf, auf den die anderen immer heruntergeschaut haben, um ihm zu zeigen, wie wenig Wert er in ihren Augen hat.

Und Jesus nennt ihn bei seinem Namen. Zachäus! Zachäus, steig schnell herunter, denn ich muss heute in deinem Haus zu Gast sein.
Beim Namen genannt zu werden heißt: Du bist für mich keine Nummer, kein Nichts, sondern unverwechselbar. Dich meine ich – und Dich will ich ansprechen. Bei Dir will ich heute zu Gast sein.

Und das führt wohl zum zweiten „Wunder“: Zachäus ergreift diese Gelegenheit, den „Kairos“ – und er wird zu einem neuen Menschen.
Er nimmt Jesus auf als Gast – und er, der wohl so sehr am Geld hing, wird großzügig, maßlos großzügig: Die Hälfte meines Vermögens gebe ich den Armen; und von wem ich zu viel gefordert habe, dem gebe ich das Vierfache zurück.
Und so kann Jesus bestätigen: Heute ist diesem Zachäus und seinem ganzen Haus, das Heil geschenkt worden.

  
Liebe Schwestern und Brüder,

ich glaube, es wichtig noch mal anzuschauen, dass diese Wandlung des Zachäus erst geschieht, nachdem Jesus bei ihm eingekehrt ist.
Und damit zeigt uns diese Geschichte ein quasi neues Gottesbild:
Ein Gott, der nicht erst dann Heil schenkt, wenn der Sündern auch brav umgekehrt ist, sondern der das Heil schenkt, damit der Sünder umkehren kann.
Ein Jesus, der nicht abwartet, bis Zachäus sein Vermögen verschenkt hat, bevor er dann bei ihm zu Gast ist, sondern der bei Zachäus einkehrt, damit der sich neu entdecken und zu einem ganz neuen Menschen werden kann.

Ja, Zachäus kann endlich das werden, was er eigentlich schon immer war: Ein Sohn Abrahams. Ein Mensch, der mit beiden Füßen mitten im Heil steht. Weil Gott ihn schon längst so gewollt hat.
Weil da ein Jesus ist, der niemanden kleinmacht, nicht noch kleiner macht als man eh schon ist in seiner Schuld, sondern der einem den Raum und das Ansehen schenkt, in dem man sich aufrichten und groß werden kann.

Ein neues, so ganz anderes Gottesbild – mit dem die Frommen schon zur Zeit Jesu nicht zurechtkamen, denn sie empören sich darüber, dass Jesus bei einem Sünder eingekehrt ist.

Aber Jesus kann nicht anders, denn das ist doch seine Berufung durch den Vater: Zu suchen und zu retten, was verloren ist.
Ja, wenn ein Sünder das Heil sucht, dann dreht Gott in seiner Liebe zu uns Menschen durch – und ER tut alles, damit der Sünder ihn auch findet, zum Heil findet.

In einem Kinderlied heißt es: Zachäus ist ein kleiner Mann. Niemand will ihn haben. Ich nicht, Du nicht, keiner will ihn haben.
Aber am Ende heißt es: Zachäus ist ein kleiner Mann - Jesus will ihn haben.
Denn bevor der Mensch nach Gott verlangt, verlangt Gott schon längst nach dem Menschen.
Und was für diesen Zachäus damals galt, das gilt dann wohl heute auch für uns.

Amen

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