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Waldbreitbach.
„Es geht an diesem Nach-
mittag um ganz lebenspraktische Fragen –
um den sparsamen Umgang mit Energie, um
Mülltrennung (dafür gibt’s sogar ein Merk-
blatt in arabischer Sprache), die Frage der
Wäscheversorgung oder darum, wie ein
Fahrdienst nach Neuwied organisiert werden
könnte. Schwester Gerlinde-Maria Gard, die
Generalvikarin der Gemeinschaft, und ihre
Die Waldbreitbacher Franziskanerinnen haben auf dem Klosterberg neun syrische Flücht-
linge aufgenommen
Mitschwester Dorothea-Maria Slabschie (sie
übersetzt ins Englische) sitzen nicht zum ers-
ten Mal mit einer Gruppe junger Männer zu-
sammen und versuchen, sie sukzessive mit
dem vertraut zu machen, wie das alltägliche
Leben in Deutschland organisiert ist. Und die
beiden möchten natürlich auch erfahren, ob
und wo es Probleme gibt und wie sie bei de-
ren Lösung womöglich helfen können.
„Wir sind für alle Menschen da“
Seit Anfang Dezember steht für die syrischen Flüchtlinge täglich Deutschunterricht auf dem Plan. Um
schneller die Sprache ihres Gastlandes zu erlernen, bereiten sie den Unterrichtsstoff nachmittags gemein-
schaftlich nach. Fotos: hf
Schwester M. Laurentine Schomisch
Berufung
Schwester M. Laurentine Schomisch wuchs
als eines von acht Kindern in der Nähe des
Nürburgrings auf. „Meine Familie war sehr
religiös, bei uns wurden die kirchlichen
Traditionen gelebt und das war sicher auch
der Hintergrund für mein Interesse am Or-
densleben“, berichtet sie. Richtig berührt
habe es sie aber in der Schule, als ein Lehrer
die Klasse fragte: „Will denn von Euch Mäd-
chen keine ins Kloster gehen?“ Diese Frage
hat die damals 12-Jährige so beeindruckt,
dass sich noch heute lebhaft daran erinnert.
Zunächst habe sie diesen Gedanken aber
immer wieder verdrängt. „Ich konnte noch
nicht annehmen, dass Gott mich ruft“, gibt
sie zu. Sie habe wie jede Jugendliche gern
getanzt und sei ausgegangen. Aber letztlich
ließ sie der Gedanke an das Ordensleben
nicht mehr los. Den Weg zu den Waldbreit-
bacher Franziskanerinnen fand Schwester
M. Laurentine über ihren Cousin, einen
Trappistenpater. Er empfahl ihr, Kontakt
mit den Franziskanerinnen aufzunehmen,
da sie eine sozial-karitativ tätige Ordensge-
meinschaft suchte. Das tat sie und wurde zu
Exerzitien eingeladen. Schon zwei Monate
später trat sie ein. „Ich habe immer gespürt,
dass Gott mich ruft, und in Waldbreitbach
habe ich genau das gefunden, was ich such-
te“, sagt sie.
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