Predigt von Richard Baus zum 3. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A

Mt  4, 12-17   Kurzfassung

 
Kehrt um. Denn das Himmelreich ist nahe!

Liebe Schwestern und Brüder,

mit diesem Ruf ist Jesus unterwegs – so haben wir es gerade im Evangelium gehört.
Mal ehrlich: Wie kommt dieser Ruf bei uns an?

Ich kann mir nicht helfen, aber ich habe den Eindruck, als sie dieser Ruf „Kehrt um!“ bei uns doch eher negativ besetzt. Vielleicht hat das diesen Beigeschmack, weil viele von uns immer noch die Drohbotschaften von früher im Ohr haben. 
Kehrt um, denn sonst ist euch die Hölle nahe! Kehrt um, denn sonst wird es euch schlecht ergehen. 
Kehrt um, sonst verliert ihr euer Leben!
Rufe, die tatsächlich Angst machen können. Denn jeder weiß, wie schwer das manchmal ist, in seinem Leben tatsächlich etwas zu ändern.

Aber Jesus spricht nicht überhaupt nicht von der Hölle, sondern vom Himmel.
Jesus spricht nicht vom Verderben, sondern er spricht vom Heil.
Umkehr also nicht aus Angst vor der Hölle, sondern aus Freude darüber, dass der Himmel uns schon nahe gekommen ist.

Und dennoch – Umkehr scheint schwer. Warum ist das so?
Wenn wir im Auto unterwegs sind und uns verfahren habe, und wenn das Navi uns dann sagt: Bitte wenden! Umkehren! Dann machen wir das ja auch – ohne drüber nachzudenken, ob das jetzt schwer ist oder unbequem, sondern wir machen es, weil wir an unser Ziel ankommen wollen. Weil was anderes dumm wäre.

Nun, vielleicht haben wir „das Himmelreich“ auf unserem Lebens-Navi noch nicht als Ziel gespeichert – weil wir in unserem alltäglichen Denken das Himmelreich doch weit „nach hinten“ verschoben haben. 
Weil wir glauben: Ins Himmelreich kommen wir erst, wenn wir tot sind. Und wer will schon gerne sterben?!

Aber Jesus sagt ja nicht: Kehrt um, denn der Tod steht vor der Tür, sondern das Leben.
Ja,  das Himmelreich, von dem er spricht, das kommt ja nicht erst im Tod, sondern das will schon jetzt in unser Leben hinein. Das Himmelreich, von dem der Herr spricht, das ist jetzt schon angebrochen und es will jetzt schon unser Leben durchdringen und unsere Welt verändern - und damit noch mehr Leben möglich machen. Aber eben nicht erst am Ende, wenn wir tot sind, sondern jetzt schon – hier und heute. Und damit das möglich wird, sollen wir umkehren, neu anfangen.

Bei meiner Predigtvorbereitung bin ich auf eine Geschichte gestoßen. Sie erzählt, dass ein Indianer mit einem Freund in einer amerikanischen Großstadt spazieren geht. Mitten im Lärm der Stadt fragt er den Freund: Hörst Du die Grille zirpen? Der Freund bemüht sich angestrengt, und stellt dann fest: Ich kann sie nicht hören.

Einige Zeit später lässt der Indianer eine Münze fallen. Der Freund reagiert sofort: Du hast ein Geldstück verloren.
Der Indianer darauf amüsiert: Eine Geldmünze hörst du fallen, aber das Zirpen der Grille hörst du nicht.

  
Liebe Schwestern und Brüder,

hier soll niemand und nichts schlechtgemacht werden. Aber die Geschichte will deutlich machen, wie wir in unserer Lebenswirklichkeit programmiert sind: Für das eine, für das, was uns vielleicht selbst im Moment ganz wichtig ist, da haben wir eher ein Ohr oder ein Auge als für das andere --- so dass wir diese Andere, und vielleicht auch die Anderen, ganz einfach überhören und übersehen können.

Denn, so heißt es in der Geschichte weiter, wie ließe es sich erklären, dass eine alte Frau drei Monate lang tot in ihrer Wohnung liegt und niemand sie vermisst, oder dass ein farbiger Ausländer in der Straßenbahn vor den Augen der Mitfahrenden zusammengeschlagen wird und niemand eingreift?

  
Liebe Schwestern und Brüder,

das sind Dinge, die im Himmelreich niemals geschehen würden: Weil dort auf jeden geachtet und niemand totgeschlagen wird. 
Wo das Himmelreich ist, da ist Leben – und eben nicht nur das Ewige Leben, sondern das Leben schon in dieser Welt. Und das will Jesus in Fülle für uns.

Und so ist der Ruf zur Umkehr eben kein Ruf zur Abkehr von der Welt, sondern ein Ruf zur Hinkehr zur Welt. Denn, wie gesagt, das Himmelreich kommt nicht erst am Ende, wenn wir tot sind, sondern es will jetzt kommen – mitten hinein in diese Welt.

Mitten hinein in unser Leben.

Und genau nicht, um es uns was vom Leben zu nehmen mit vielen Ge-Boten und Ver-Boten, die wir in unserer Kirche kennen, sondern um es uns neu zu schenken in seiner ganzen Fülle.

Umkehr könnte dann vielleicht heißen:

Lernen. 
Lernen, dass nicht nur ich in dieser Welt lebe, sondern ja auch die anderen. Und das ich nicht nur für mich verantwortlich bin, sondern auch für das Wohl dieser anderen Verantwortung habe – 
weil Gott mich dazu berufen hat.

Lernen, die Welt mehr mit den Augen Jesu anzuschauen, damit niemand über-sehen, sondern jeder an-gesehen wird. Jeder Ansehen hat.

Lernen, das, was in dieser Welt nach Leben ruft, mit den Ohren Jesu zu hören, damit es nicht überhört wird und zugrunde gehen muss….weil das im Himmel auch niemals passieren würde.

Und wenn der Himmel uns nahe ist, dann kann es doch nicht sein, dass es bei uns noch anders ist.

Der Ruf Jesu zur Umkehr ist eben nicht Einschränkung des Lebens und das Kleinmachen meiner Wünsche. Er sagt uns nicht, was wir jetzt alles nicht mehr machen dürfen, sondern es ist die Einladung zu MEHR: Zu mehr Leben. Zu viel mehr Leben, weil Gott doch der Freund des Lebens ist.

Und deshalb ist es wohl der Ruf zu mehr Achtsamkeit, damit auch wirklich mehr Leben möglich ist: 
Der Ruf zu mehr Aufmerksamkeit. Die Einladung öfter mit den Augen Jesu zu schauen und mit den Ohren Jesu zu hören.

Und vor allem der Ruf, nicht nur dauernd das eigene Wohl auf dem Schirm zu haben, sondern auch das Heil der anderen – damit niemand an den Rand des Lebens gerät, nur weil wir ihn nicht gesehen, weil wir ihn nicht gehört oder nicht wahrgenommen haben.

Es ist die Einladung, dahin umzukehren, dass wir so sensibel und aufmerksam werden, dass wir auch das Zirpen einer Grille hören – und eben nicht nur das Fallen eines Geldstückes. Auch die Bedürfnisse der anderen wahrzunehmen und nicht nur auf die eigenen fixiert zu sein.

Kehrt um, sagt Jesus  – aber eben nicht weg von der Erde, nicht ab ins Paradies, 
sondern hin zur Erde, hin zu den Menschen – damit diesen Menschen durch uns und durch unsere Art zu leben das Himmelreich spürbar nahe ist – schon in dieser Welt. Und schon jetzt und heute.

   
Amen


Geschichte aus: Roland Breitenbach, Sechs-Minuten-Predigten, Lesejahr A

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