Predigt von Richard Baus zum 33. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A

Mt 25,14-30

  
Liebe Schwestern und Brüder,

in den Evangelienlesungen klingen gegen Ende des Kirchenjahres Gerichtsreden an. So auch heute. Da wird Abrechnung verlangt: Wie bist Du mit dem Vermögen umgegangen, das dir anvertraut wurde? Was hast Du aus deinem Leben gemacht?
Und dann wird belohnt - oder halt auch bestraft. 

Weil ich Angst hatte, habe ich dein Geld in der Erde versteckt!“.
Dieser Satz klingt bei mir noch nach.
Weil ich Angst hatte!
Weil ich Angst hatte
, habe ich nichts aus dem gemacht, was du mir anvertraut hast.
Weil ich Angst hatte, bin ich lieber auf Nummer sicher gegangen ----

Und genau deshalb, weil  er so vorsichtig war und auf „Nummer sicher“ gegangen ist, muss er sich sagen lassen: Du bist ein schlechter Diener! – Aber nicht weil du etwas falsch gemacht hast, sondern weil du in deiner Angst nichts gemacht hast.
Weil Du nicht gelebt hast!
Und genau das, liebe Schwestern und Brüder, wird in dieser Geschichte bestraft….

In der Tat gibt es Theologen, die sagen: Das, was wirklich schwer wiegt als Sünde, das ist nicht, dass man da oder dort mal was falsch gemacht hat, dass einem hier oder dort dann doch etwas passiert ist, was man eigentlich nicht gewollt hat, 
sondern was wirklich schwer wiegt ist, dass man nicht gelebt hat
Dass man sein Leben nicht gewagt hat, aus Angst, etwas falsch zu machen.

Weil ich Angst hatte, etwas falsch zu machen, war ich nicht so gut, wie ich hätte sein können.
Weil ich Angst hatte, etwas falsch zu machen, habe ich mir nichts zugetraut, sondern nur nach den Vorschriften gehandelt.
Aus Angst, etwas falsch zu machen, habe ich meine Träume vom eigenen Leben begraben –
Ja, aus Angst, etwas falsch zu machen, habe nur ein kleines, armseliges Leben geführt, in dem nichts von dem zum Tragen gekommen ist, was Gott in mich hineingelegt hat, was Gott sich von mir erträumt hat….
Wie tragisch! Nicht gelebtes Leben. Aus Angst.
Und ich vermute, das am Ende dann selbst einzusehen, das ist dann auch schon gleich die größte Strafe, denn sein Leben kann man ja nicht mehr wiederholen.

   
Liebe Gemeinde,

vielleicht ist ihnen aufgefallen, dass die beiden Erfolgreichen gar nicht gefragt werden, wie sie das angestellt haben. Ob die Geschäfte alle sauber waren, ob sie vielleicht auch mal riskant gepokert haben, ob sie zwischendurch auch mal fast alles riskiert und einiges verloren hätten. Das scheint nicht wichtig.

Entscheidend ist, dass sie etwas getan haben, dass sie das Vertrauen, das der Herr in sie gesetzt hat, genutzt haben und ihn so nicht enttäuscht haben. Dafür werden sie gelobt.

  
Aber, liebe Schwestern und Brüder, 

haben wir nicht von klein an gelernt, doch lieber vorsichtig zu sein. Und bläuen wir das nicht immer noch den Kindern ein: Pass auf, dass du nichts falsch machst! Pass auf, dass du nicht sündigst!

Setzen wir nicht alles dran, eben nichts zu riskieren – sondern alles im Griff zu haben, alles unter Kontrolle zu haben – aus Angst, etwas zu verlieren oder etwas falsch zu machen?

Aber wer alles kontrollieren will, dem gerät allzu leicht alles außer Kontrolle.
Wer Menschen kontrollieren will, dem werden diese Menschen davonlaufen.  
Wer Beziehungen kontrollieren will, dem werden sie zerbrechen,  genau daran.

Und wer Angst vor einem Glauben hat, der auch die Weite kennt, Angst vor einem Glauben, der neue Wege riskiert und der es Gott erlaubt, sich ganz anders zu zeigen als wir ihn uns früher immer vorgestellt haben, dem wird sein Glaube unter der Hand vertrocknen und ihm das Leben eher nehmen, anstatt es reich und groß zu machen.

Eine Geschichte von Raoul Follerau erzählt:

„Ich hatte einen Traum:
Ein Mensch erschien vor Gott und sprach:
„Lieber Gott, siehe, ich habe mein ganzes Leben lang Dein Gebote beachtet, ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen, ich habe niemals etwas Unrechtes, Böses oder Frevelhaftes getan. Lieber Gott, meine Hände sind rein!“
Und Gott antwortete ihm: „Ohne Zweifel, sie sind rein, aber sie sind leer!“

  
Liebe Schwestern und Brüder,

Gott lädt ein zum Leben –
mit allen Risiken, die dazugehören, auch wenn man sich die Hände dabei mal schmutzig macht, --- weil Gott doch nur dort wirklich zum Zug kommt, wo wir eben nicht alles aus Angst kontrollieren und kleinhalten, sondern Vertrauen haben in ihn. Und wo wir das Leben führen, zu dem er uns berufen hat.

 
Liebe Schwestern und Brüder,

und sicher müssen wir uns auch als Kirche vom Herrn der Kirche fragen lassen:
Was macht ihr denn als Kirche mit meinen Talenten? Wie geht ihr um damit? Riskiert ihr mal was, damit sich in der Kirche auch noch was verändern kann, anders und lebendiger werden kann, oder habt ihr Angst? Angst vor Gott? Angst, es könnte was schiefgehen?

Ich denke, wir müssen uns von diesem Herrn, der da die Talente verteilt, sagen lassen:
Ich habe euch nicht berufen, damit ihr alles beim Alten belasst, sondern damit ihr etwas verändert, zum Besseren führt – für die Armen, für die Bedrückten, für die Alleingelassenen, für den Frieden......

Denn das fällt nicht von Himmel, sondern das kommt durch uns --- durch jede und jeden einzelnen von uns – mit dem Talent, das Gott uns gegeben hat, mit dem, was wir eigentlich draufhätten und könnten, wenn wir damit nicht so hinter dem Berg halten würden ----
aus Angst:
Aus Angst, wir könnten es nicht gut genug, oder wir würden etwas falsch machen,
Aus Angst, man könnte uns vorwerfen, wir wären zu modern, wir wären nicht fromm genug und wir wären nicht mehr katholisch, oder was man uns da sonst noch alles einreden will, nur damit sich in der Kirche nichts ändert.

Aber Angst ist kein guter Ratgeber, sondern Angst macht tot --- macht uns selbst tot, tot für andere, tot für die Kirche – und tot für Gott.

Denn Gott traut uns doch; 
ja, Gott traut uns doch etwas zu – und deshalb ver-traut er uns seine ganze Welt an.

Und wir sollten uns trauen, das dann auch zu tun, was wir als die Stimme Gottes in uns erkennen – auch wenn andere darüber lachen mögen, auch wenn andere uns davon abraten und den Kopf schütteln, weil es für sie total unvernünftig und viel zu riskant erscheint.
Aber wir sollen ja auch nicht deren Leben leben, sondern unser eigenes - und unsere eigene Berufung.

Wir sollten es tun – im Vertrauen darauf, dass Gott uns auf den Weg schickt – und dass er am Ende ganz bestimmt nicht fragen wird: Was hast du falsch gemacht? Was war alles nicht in Ordnung bei dir? – sondern dass er fragen wird: Wo hast du dich engagiert? Wo hast du irgendwas getan – für einen Menschen, für deine Kirche – und für mich, deinen Gott?

 
Liebe Schwestern und Brüder,

wenn man fragt, wo Schiffe am besten und sichersten aufgehoben sind, dann wir die richtige Antwort sein: In einem Hafen, denn da kommt nichts dran.

Aber Schiffe werden eben nicht für einen Hafen gebaut, damit nichts drankommt, sondern für das Meer, auch wenn dort viele Risiken warten. Aber dort, und nur dort, wartet auch die Weite, dort warten die neuen Ufer und die anderen Länder, zu denen die Schiffe gesandt werden – und damit ganz neue Möglichkeiten.

Und das gilt auch für uns Menschen.
Wir sind nicht für die Angst geschaffen, sondern für die Hoffnung.
Nicht für die Enge, sondern für die Weite – eben für das Leben, das Gott uns schenkt und anvertraut.

 
Amen

 

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