Predigt von Richard Baus zum Gründonnerstag, Lesejahr A

1 Kor 11, 23-26

 
Liebe Schwestern und Brüder,

wir haben eben aus dem Brief an die Korinther den ältesten Abendmahlsbericht gehört, den das Neue Testament kennt. Bevor die Evangelien aufgeschrieben waren, die vom letzten Abendmahl berichten, hat Paulus schon diesen Einsetzungsbericht aufgeschrieben - so wie Jesus wohl das Abendmahl gefeiert hat und wie er es gewollt hat.

Aber der Grund, weshalb er ihn aufgeschrieben hat, ist freilich kein rühmlicher. Im Gegenteil, so wie die Christen in Korinth das Abendmahl gefeiert haben, war es zum Ärgernis geworden.
Ein paar Zeilen vorher deutet Paulus das in seinem Brief an.

Wir müssen uns vorstellen, dass das sogenannte Abendmahl oder auch Herrenmahl am Sonntag innerhalb eines Essens am späten Nachmittag oder frühen Abend stattfand. Die Christen kamen in einem Haus zusammen, das genügend Raum für die Feier bot. Und jeder brachte wohl etwas mit zum Essen.
Zu dieser Christengemeinde in Korinth gehörten sehr wohlhabende und reiche Leute - und es gehörten arme und vor allem auch Sklaven dazu. Eben die Menschen, die sich von Jesus ein besseres Leben erhofften; es waren genau die, die er selig gepriesen hatte: Arme, Bedrückte, Unfreie und Sklaven.

Die Reichen kamen nun rechtzeitig zum Mahl - während die Sklaven noch arbeiten mussten.
Die Reichen brachten sich gutes Essen mit - während die Armen nichts hatten. Aber anstatt zu teilen und auf die anderen zu warten, aßen die Reichen ihre Lebensmittel auf. Und bis die Sklaven dann endlich dazu kommen konnten, nach ihrer Arbeit, waren die Reichen schon satt gegessen und oft genug wohl auch betrunken.
So dass Paulus ermahnen muss: So geht das nicht. Was Ihr da macht, das ist nicht das Mahl, das der Herr sich vorgestellt hat. So esst und trinkt ihr euch das Gericht, denn das ist unwürdig. Unwürdig und menschenverachtend. Esst euch zu Hause satt - und dann kommt und feiert die Gemeinschaft.

 
Gemeinschaft, liebe Schwestern und Brüder, darum geht es.
Die Eucharistie kann nicht jeder für sich feiern, sondern das geht nur miteinander.
Eucharistie ist kein Privatvergnügen und dient nicht der persönlichen Heiligung, sondern ist die Feier der Gemeinde, einer Gemeinde, die danksagen kann dafür, dass der Herr sie berufen und geheiligt hat.

Es ist die Feier der Gemeinschaft, der Gemeinschaft mit Jesus und den Schwestern und Brüdern um mich herum. 

Eine Feier, in der mich der andere neben mir nicht stört, so dass ich die Hände vors Gesicht schlagen muss, um mit dem Herrn alleine zu sein, wie wir das früher nach der Kommunion oft genug getan haben, sondern bei der ich den anderen mit in den Blick nehmen muss, bei der ich auf den neben mir Acht haben muss, weil doch auch er Leib Christi ist – zusammen mit mir. Weil auch er doch auch dazugehört.

Das ist ja das Wunder bei der Eucharistie, das Wunder bei der Wandlung:
Bei der Eucharistie wandelt der Herr nicht nur Brot und Wein in seinen Leib und sein Blut, sondern er verwandelt auch uns.
Aus den Vielen wird eine Gemeinschaft.
Aus Einzelnen wird ein Leib, und zwar der Leib Christi. Werdet, was ihr empfangt – so sagt Augustinus: Der Leib des Herrn. Der Euer Geheimnis liegt auf dem Altartisch.

Das, was ihr von dort empfangt, das seid ihr doch schon längst selbst. Denn ihr seid der Leib Christi.
Alle zusammen. Aber auch nur zusammen, nicht als einzelne.
Aber jeder gehört dazu.

Und wenn die Gemeinde „unten“ zerstritten und zerspalten ist, dann kommt die Wandlung auf dem Altar auch nicht zustande. Weil sie nicht zur Einheit finden kann, zur Einheit in Christus.

Wie gesagt, in Korinth gehörten zur Gemeinde nun auch die dazu, die man sich vielleicht nicht ausgesucht hätte. Da gehörten auch die zur Gemeinde, mit denen man nicht in der Öffentlichkeit nicht groß angeben und mit denen man keinen Staat machen konnte. 

Da gab es eben nicht nur „die feinen Kreise“, sondern zur Gemeinde gehörten alle – weil es eben nicht die Gemeinde einiger besonderer Menschen war, sondern die Gemeinde des Herrn Jesus Christus. Nicht die Korinther mussten entscheiden, wer dazugehört und wer nicht, sondern das machte der Herr selbst. Und deshalb saßen auch die dort, die die Korinther vielleicht nicht eingeladen hätten.
Und wenn dort Eucharistie gefeiert werden sollte – und zwar so wie der Herr es gewollt hat - dann mussten alle aufeinander achten, dann mussten alle füreinander da sein. Dann mussten sie eine Gemeinschaft sein - und das war die Herausforderung. Aber Paulus fordert diese Gemeinschaft – und er schreibt sie den Korinthern ins Stammbuch.

Und wie das in Korinth damals war, so ist das wohl auch bei uns heute. Eine Herausforderung. Denn wie oft kommen wir hierher zum Gottesdienst – und denken nur an uns selbst. Wie oft feiern wir Eucharistie – und sind nur mit uns selbst beschäftigt. Und wie oft empfangen wir den Leib des Herrn – und denken nicht mal dran, dass wir doch selbst  auch Leib Christi sein sollen, ein Leib, eine wirkliche Gemeinschaft miteinander und untereinander… und wie oft stören wir uns aneinander….

Aber ich bin sicher, der Herr hält das aus – weil er uns liebt. Der Herr fügt in seiner Liebe das zusammen, was wir immer wieder trennen.

Und er schenkt sich uns – auch dann, wenn wir ihn vielleicht gar nicht „verdient“ haben. Aber ich denke, er will es auch gar nicht, dass wir ihn uns verdienen, weil er sich eben schenken will – in seiner Liebe und seinem großen Erbarmen.

Weil er in der Eucharistie für uns nicht die Belohnung sein will für die paar Dinge, auf die wir vielleicht stolz sein können, sondern das Medikament dort und dann, wenn uns eben nichts gelingt, wenn wir schon wieder mal hinter seinen und unseren eigenen Ansprüchen zurückgeblieben sind. Auch dann schenkt er sich uns in Brot und Wein. Auch dann fügt er uns zusammen zu seiner Gemeinde. Auch dann wandelt er uns in seinen Leib.
Denn er ist immer größer als unser Herz. Und seine Liebe ist immer größer als unser Versagen.

 
Sieger Köder hat ein Bild gemalt, das ich Ihnen für heute Abend mitgebracht habe.
Da findet ein Mahl statt. Den Herrn sieht man nicht, man kann ihn ahnen – in den Händen, die das Brot brechen. 

Aber wir sehen die Menschen am Tisch, die Gäste. Eine sehr „bunte“ Gruppe, die sich da zusammengefunden hat am Tisch des Herrn. Jeder ist anders. Aber jeder darf dort sein. Jeder hat das Recht dazu. Weil eben nicht die Gemeinde diejenige ist, die einlädt, sondern der Herr.
Nicht wir haben das Recht, einzuladen – oder gar auszuladen, sondern das hat ganz allein der Herr.

Vielleicht säßen wir ja auch heute Abend gar nicht hier, wenn eine aus der Gemeinschaft eingeladen hätte ….

Sicher gefallen wir ja auch nicht jedem, der mit uns hier ist im Raum. Vielleicht hat jemand was gegen unser Aussehen, gegen die Art und Weise, wie wir reden und handeln. Vielleicht gehen wir ja ganz oft jemandem auf die Nerven. Vielleicht weiß man ja von uns Dinge, die wir lieber nicht bekannt gemacht hätten.
Und vielleicht bringt schon unser Anblick den ein oder die andere auf die Palme.

Aber wir dürfen hier sein.
Der, der uns eingeladen hat, dem gefallen wir – so wie wir sind.
Dem Herr, an dessen Tisch wir heute Abend sein dürfen, der hält das aus – und er hält uns aus –
uns mit unseren Andersartigkeiten und schrägen Ansichten, mit unseren Aggressionen und Aversionen, mit unseren Vorurteilen und Vorbehalten.
Denn er ist barmherzig und groß. Größer als unser Herz.

Und er fordert uns heraus, auch barmherzig zu sein – mit uns selbst – und mit den anderen--
damit er uns verwandeln kann – zu seinem Leib, 
und wir selbst wie Brot und Wein werden – so dass andere mit uns und von uns leben können.

  
Amen

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