Predigt von Schwester M. Michaele Rohde zur Ewigen Profess von Sr. M. Diane Tobossi

Gen 12,1-4,  Lk 10,1-9
  

Liebe Sr. Diane,
liebe Festgäste,

Vielleicht ist es kein Zufall, dass mir, nachdem ich beide Schrifttexte gelesen hatte und diese Ansprache vorbereiten wollte, ein Liebesgedicht von Bert Brecht in die Hände fiel:

„Ich will mit dem gehen, den ich liebe.

Ich will nicht ausrechnen, was es kostet.

Ich will nicht nachdenken, ob es gut ist.

Ich will mit ihm gehen, den ich liebe.“

Wenn Du Dich, liebe Sr. Diane, auf diesen abenteuerlichen Weg der Nachfolge einlässt, ist Liebe dann nicht die einzige Voraussetzung, die es ermöglicht diesen Weg zu gehen?

Beide Schrifttexte, die Du ausgewählt hast, geben eine Antwort darauf.

Wenden wir uns zunächst der Berufung des Abram zu. Um die Bedeutung seiner Berufung und sein Aufbruch ins Land der Verheißung erfassen zu können, möchte ich auf einen Umstand aufmerksam machen, der wenige Zeilen vorher, im Kapitel 11 des Buches Genesis, aufgezeigt ist:“ Sarai, seine Frau aber, war unfruchtbar; sie hatte keine Kinder.“

Die Bibel beschreibt dieses verhängnisvolle Geschick sehr nüchtern. Gefühle und inneres Erleben werden weder bei Abram noch bei Sara beschrieben. Und doch muss es für beide eine große Herausforderung gewesen sein, mit dieser Tatsache zu leben, unterbricht doch die Unfruchtbarkeit Sarai`s das Fortbestehen der Geschlechterfolge und das Fortleben der Geschlechterfolge steht für Lebenssinn. D.h.: beide mussten sich intensiv mit der Frage auseinandersetzen, was ihrem Leben Sinn gibt.

Dabei lesen wir auch, dass Abram mit seinem Neffen Lot eine reiche Habe, also ein einträgliches Vermögen hatte, ein gutes Auskommen.

Und genau auf diesem Hintergrund hört Abram die Worte Jahwes:

„Geh weg aus deinem Land, aus deiner Verwandtschaft und aus dem Haus deines Vaters in das Land, dass ich dir zeigen werde!“

Abram soll alles verlassen, was sein Leben ausmacht, die vertraute Heimat, den Schutz der Sippe, die familiäre Geborgenheit mit ungewisser Zukunft, ja, ihm wird nicht einmal gesagt, wohin es denn gehen soll…

Abram soll sich ganz Jahwes Führung anvertrauen. Er wird herausgefordert spürig zu bleiben, was Gott ihm zeigen will. Abram hat ab jetzt keine Gewissheit mehr, dass was er hat ist eine Verheißung, eine Verheißung, die aber seinem Leben SINN gibt:

„ICH will dich zu einem großen Volk machen, ICH will dich segnen und Deinen Namen groß machen und Du sollst, besser übersetzt aus dem hebräischen: Du wirst ein Segen sein! „

Wohl nicht umsonst stand es in dieser Übersetzung in Deiner Einladungskarte, liebe Sr. Diane. Nicht der Mensch muss alles tun, damit er/sie zum Segen wird, sondern der Mensch wird ein Segen sein, dort wo er /sie sich auf Gott, einlässt, auf die Verheißung, auf die LIEBE !

Abram wird die Worte Gottes ebenso wenig auf Tonband aufgezeichnet haben können, wenn er denn damals eines zur Verfügung gehabt hätte, wie wir heute. Für viele aus seinem Verwandten- und Freundeskreis, wahrscheinlich für die meisten, wird sein Aufbruch unverständlich gewesen sein, so wie der Eintritt in eine Ordens-Gemeinschaft oft auf viele Fragen von außen stößt.

Das Eingehen einer Ehe-Gemeinschaft ist ja eigentlich nicht weniger herausfordernd, bleibt aber weitaus weniger hinterfragt als der Eintritt in einen Orden, was sicher sehr unterschiedliche Gründe hat, auf die ich jetzt nicht weiter eingehen möchte, sondern ich möchte bei der Frage bleiben: „was lässt Abram, was lässt Menschen aufbrechen?“

Wenn ich Eheleute frage, warum sie gerade diesen Menschen heiraten wollen und ab jetzt gemeinsam, also nicht nur nach ihrem eigenen Willen und Vorstellungen handeln, sondern in Abstimmung mit dem Ehepartner die schönen und auch schweren Situationen des Alltags gestalten wollen, dann bekomme ich meist die Antwort: weil ich liebe, weil auf einer tieferen Ebene etwas ist, was mich mit dem anderen zutiefst verbindet. Es ist etwas Geheimnisvolles, was ich nicht weiter erklären kann.

„Ich will mit dem gehen den ich liebe…“

Kann man Liebe und dass was durch sie möglich wird, was sie nach außen hin vielleicht ver-rückt erscheinen lässt, im tiefsten erklären. Bleibt sie nicht ein Geheimnis, was Liebende miteinander verbindet, sei es zwischen Gott und Mensch oder auch Menschen zueinander,

denn „Gott ist die Liebe“ und solange Gott LIEBE ist, wird auch die LIEBE selbst etwas Geheimnisvolles bleiben, was herausfordert und zugleich eine tiefere innere Gewissheit, schenkt eine innere Freiheit, die man nirgendwo kaufen oder erwerben kann. Sie ist und bleibt ein Geschenk!

Diese Liebe ermöglichte Abram den Aufbruch, zum Wagnis der Verheißung Gottes zu glauben und sich in dieser Liebe festzumachen mit all den Fragen, Unsicherheiten und Zweifeln, die auch ihm im Verlauf des Weges nicht erspart blieb.

„Ich will mit dem gehen, den ich liebe

Ich will nicht ausrechnen was es kostet

Ich will nicht nachdenken, ob es gut ist

Ich will mit ihm gehen, den ich liebe.“

Das Nachfolge kein Spaziergang ist, haben auch Jesus und seine Jünger erfahren. Im Evangelientext weist Jesus klar auf diese Tatsache hin, sogar mit sehr einschneidenden Worten

„Ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe!“

Das hört sich an wie ein Todeskommando, denn Jesus spricht nicht vom Eindringen eines Wolfes, sondern von einer Wolfsherde.

Bei allen schönen und beglückenden Erfahrungen, die Jesus und seine Jünger unterwegs machen, gibt es auch die andere Seite.

Jesus weiß um die Wolfsnatur im Menschen, um Hass, Gewalt, nicht wahrgenommene Eifersucht, Neid, Machtgier; all das können Menschen wie „Tiere“ werden lassen, die nur noch um das eigene Überleben kämpfen und sich selbst im Blick haben, den anderen aber dabei vernichten und sei es durch Bloßstellen, Intoleranz, Ausgrenzung…

Wohl nicht umsonst sendet Jesus seine Jünger zu zweit aus, auch um einander Schutz zu geben, aber nicht nur, ebenso wichtig und hilfreich ist es, Erfahrungen, die sie unterwegs machen, auszutauschen. Wo in einer offenen Atmosphäre unterschiedliche Sichtweisen ausgetauscht werden können und man einander mit Respekt und Wertschätzung begegnet, dort bleibt Verkündigung kein leeres Wort, sondern wird spürbar, erlebbar durch und in der Begegnung miteinander.

Das, was die Jünger verbindet, wie sie ihre Sendung trotz aller Herausforderungen wahrnehmen lässt, ist letztendlich die Beziehung zu Jesus, zu Gott.

In der Übersetzung nach Bovon (es kommt dem ursprünglichen Text näher) heißt es:

„Jesus sandte sie zu zweit VOR SEINEM ANGESICHT in jede Stadt…“

Wieviel leichter fällt es, einen Weg zu gehen, Aufgaben wahrzunehmen, den Sinn des Lebens zu spüren, wenn ein Angesicht mich liebend anschaut und damit mir und meinem Leben Wert verleiht, Bedeutung schenkt, mir zu verstehen gibt, Du bist geliebt.

Du kannst mir vertrauen!

Wenn Gott Menschen sendet, bleibt er selbst nicht zurück, ER ist immer dabei.

In diesem Vertrauen wünsche ich Dir, liebe Sr. Diane, dass Du nun Deine Gelübde versprechen kannst, wissend, dass Du geliebt bist und dass Einer da ist, auf den Du Dich verlassen kannst!

„Ich will mit dem gehen, den ich liebe.

Ich will nicht ausrechnen was es kostet

Ich will nicht nachdenken, ob es gut ist,

Ich will mit ihm gehen den ich liebe.“

 

 

 

 

 

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